Tobias Poetzelsberger – Prudence

von am 28. September 2024 in Album

Tobias Poetzelsberger – Prudence

Nicht alles auf dieser Welt dreht sich um Politik, wie Tobias Pötzelsberger weiß. Zwölf Jahre nach seiner Band The More of the Less sowie einem Senkrechtstart bei der ZIB im ORF hat der Salzburger mit Prudence deswegen unter eigenem Namen ein persönliches Album aufgenommen.

Luftig und unangestrengt spielt der 41 jährige darauf betont einfühlsam einen natürlich fließenden Indie Folk Pop, der, unter dem Radar der globalen Nachrichten so genügsam angelegt, mehr oder minder über die Liebe in ihren unterschiedlichen Formen kreist, und in bittersüßer Nostalgie (und gerade der Klangfarbe von Pötzelsbergers Stimme) an die Mildtätigkeit von Sam Beam erinnert. Besonders, wenn das Tempo der Platte kontemplativer ausfällt.
Was nach dem untypisch flott und optimistisch eine erhebende Aufbruchstimmung anzeigenden (sich jedoch nicht gehen lassenden) Opener Carry You praktisch immer der Fall ist: weich und sanft, eingängig und harmlos, ist die Geschwindigkeit getragen.

Denn Prudence konzentriert sich dann auf Songs, die sich (inhaltlich vage bleibend und letztendlich latent banal erscheinende Texte tragend) immer an den irgendwann doch recht ähnlichen, nirgendwo anecken wollenden Gesangslinien ausrichten, und die sorgsam ausproduzierte, aber keinerlei kreativen Reibungspunkte suchende Musik damit zu einer Art Erfüllungsgehilfen der Rahmenbedingungen degradiert.
Dazu sind die Kompositionen komplett überraschungsarm strukturiert. Weiß man, wie ein Song aus der eröffnenden Zurücknahme in Gang kommt, kennt man praktisch den ganzen austauschbaren weiteren Verlauf. Egal ob das schunkelnde Play it Cool klimpernd plätschert, Keep the Light On seine intime Acoustic-Grundierung mit Samthandschuhen nach vorne rumpeln lässt, oder das schöne The Moon am Singer/Songwriter-Lagerfeuer unter dem Nachthimmel in einer mit vorsichtiger  Hymnik liebäugelnden Atmosphäre mäandert.

Auch Pötzelsberger selbst scheint dies im Verlauf zu erkennen, und setzt in der zweiten Hälfte von Prudence zaghafte Akzente für eine größere, markantere Bandbreite.
Dancing Silently gönnt der Einfühlsamkeit etwas mehr Americana-Flair und (wie auch Fool on the Hill später) ein entspanntes, bluesiges Gitarrensolo. Henry beginnt interessant dunkel croonend, schaltet dann aber in den genormten MO der Platte, weswegen die Bridge mit jazzig zappelnd Rock bratzend leider ohne Konsequenz bleibt. Selbes gilt für die angedeuteten Bläser-Arrangements in Old Man‘s Heart (das generell zu dröge angelegt zum dritten Mal das weitestgehend selbe Solo auspackt und dann symptomatisch für den Zwang der Platte, alles möglichst rund und harmonisch anzulegen, auch mit einer finalen Wiederholung der Gesangsmelodie eine auf Nummer Sicher gehende Schleife um den Song zieht).

Was jetzt alles sicher weitaus negativer klingt, als Prudence tatsächlich ist – spätestens, sobald der Closer Elegant eine solch versöhnliche Anmut an den Tag legt, dass man sich nur zu gerne in die wohlige Komfortzone hier bettet, ist klar, dass Pötzelsberger auf seinem Solodebüt per se nichts falsch macht. Denn im Grunde  überzeugen die 36 Minuten der Platte im besten Sinne angenehm und gefällig; nicht spannend, aber enorm gefühlvoll. Man spürt einfach, dass es sich um ein Herzensprojekt handelt, denn es geht eine authentische Geborgenheit und Wärme von dieser zeitlos schönen, einfach etwas zu barrierefreien Liebhaber-Platte aus.

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