Toadliquor – Back In The Hole

von am 26. September 2024 in Album

Toadliquor – Back In The Hole

Unglaublich, aber wahr: Die tatsächlich wieder existierenden Toadliquor haben mit Back in the Hole einen Nachfolger ihres 1993er Debüts Feel My Hate – The Power Is the Weight – R.I.P. Cain aufgenommen!

Notiz von dieser kleinen Nischen-Sensation scheinen jedoch nicht einmal all jene zu nehmen, die der obskuren Gruppe an sich einen Platz in der feisten Sludge- und Doom-Kammer ihres Herzens reserviert haben, als Toadliquor nach ihrem einzigen Album (sowie einigen folgenden sporadischen Aufnahmen – weitestgehend allesamt nachzuhören auf der 2003er Werkschau Hortators Lament) im Vortex der Metal-Hölle verschwanden.
Was natürlich schade ist, reizt Back in the Hole mit einer wetzenden Ungemütlichkeit doch unmittelbar wieder dieselben Wunden wie sein Vorgänger und liefert ein praktisch aus dem Nichts kommendes Genre-Gustostück ab. Der so sinnig betitelte, dreckig und düster aus der Noise-Distortion geborene Opener First Crush ist als massiver Riff-Organismus im organischen Sabbath-Raum, hinter dessen mächtigen, erhabenen Kaskaden verzweifelt gepeinigte, infernal-psychotische Schreie aus dem schwarzen Abgrund klagen, diesbezüglich schon eine verdammt klare Ansage. Roh und getrieben von malträtierendem Seelenleid, so assig wie sonst womöglich nur Eyehategod.

Wo Toadliquor dabei durch ihren Status und die Art ihrer ohne Vorankündigung stattfindenden Wiederkehr zwar durchaus Erinnerungen an die Überraschung des Khanate-Comebacks im vergangenen Jahr wachrufen, operiert Back in the Hole aber anhand einige (selbstgewählter) Schönheitsfehler (freilich abseits des herrlich hässlichen Artworks und der grundlegend dreckigen Attitüde der Platte) nicht auf dem Niveau von To Be Cruel. Es kultiviert, wichtiger als Referenzpunkt, auch nicht vollends dieselbe kaputte Intensität der eigenen ersten Lebensphase.
Dafür trifft die Band (weiterhin) immer wieder zu ambivalente Entscheidungen, die gleichermaßen den individuellen Charakter des Albums verstärken, wie allerdings auch ein zerfahrenes Ganzes formen.

Recained etabliert etwa die seltsame Marotte, die abonnierten Heaviness ziemlich exakt in der Mitte eines Songs mit einer wahllosen Finte zu attackieren – hier ist es ein halluzinogenes Industrial-Zwischenspiel, ungefähr bei avantgardistischer Tempel-Musik für okkulte Klangbastler. Und in Entry Level Position sind es knisternde Elektroden (aus denen dann eine Art großes Goth-Panorama mit Postrock-Ambitionen erwacht). Open Through Funeral kippt nach gut der Hälfte seiner Spielzeit in einen giftigen Saxofon-Schlamassel, versandet in seiner destruktiven Ader und erwacht erst über das lange Ambiente des Titelsong-Closers wehklagend dort, wo sich die Band ohne Interesse an strukturellen Gepflogenheiten am Sound und der Ästhetik aufreiben kann, dabei aber die wirklich hässliche Konsequenz missen lässt.

Am besten sind Toadliquor insofern schon direkt an ihren Wurzeln, beim Zelebrieren griffiger Doom-Sludge-Monolithen. Es scheint ihnen aber eben weitaus mehr Spaß zu machen, sich von der allgegenwärtigen Weirdo-Energie ablenken zu lassen, auch wenn dies auf Kosten des Songwritings gehen mag Marke: „Nutzt dieser Impuls dem Stück? Nein? Scheißegal!
Was auch faszinierend funktioniert: Basement lässt eine grandiose retrofuturistische Blade Runner-Ästhetik über dem versifften Poltern zu, ist abseits dieser aber ein leidlich inspiriertes Mäandern – und damit trotzdem noch wie selbstverständlich fesselnder als ein Gros der Szene.
Während Gold sich davor lange für das Wechselspiel aus sinistrer, militärischer Nonchalance und sportlich fetzendem Groove aufbaut, und damit diametral einer klaren Linie ziemlich bestechend folgt, ist es durchaus okay, dass die Dinge vor allem in der zweiten Hälfte des Albums aus dem Ruder laufen. Diese diffuse, unberechenbare Energie ist es ja auch, die die Faszination an Toadliquor auch heute noch ausmacht. Und den harschen Mythos der Band damit vielleicht nur noch verdichtet.

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