Tim Heidecker – High School
Tim Heidecker ist mittlerweile auch als kompetenter – ernstzunehmender! – Singer Songwriter angekommen. Davon zeugen die durch die Vergangenheit schwelgenden zehn Songs von High School mit unaufregender Selbstverständlichkeit.
Zwei Jahre nach der Weyes Blood-Zusammenarbeit Fear of Death will das rastlose Multitalent Heidecker High School dabei auch explizit als Gegenreaktion zu jener Platte verstanden wissen, die ihn endgültig als ernstzunehmenden Musiker positioniert (wenngleich den öffentlichen Fokus noch etwas zu sehr auf die Kooperationspartnerin gerichtet) hat: „This one started feeling like I wanted to make a counterpoint to the Fear of Death record sonically, in terms of not as many bells and whistles. It’s not as sonically big or lush or live-sounding, which I think is great. I was like, ‘The smart move is to do almost an acoustic record, a small record, like Tunnel of Love or Full Moon Fever or something,’ which is almost like a garage record.”
Das nostalgische Jugend-Panorama anstelle des Blicks zum Ende: Ein Konzept, das gerade in den aktuellen Sommermonaten als entspannter Begleiter mit zahlreichen einfach zugänglichen Ohrwürmern, die als assoziative Eklektiker allesamt die unverkennbar nonchalante Handschrift von Co-Produzent Mac DeMarco tragen, aufgeht.
Locker und entspannt gibt Buddy die Linie im Singer-Songwriter/Folk-Rock mit einer reduzierten Gitarre und ein bisschen Geklimper vor, zurückhaltend harmonierende Gesangs-Arrangements und relaxt nach vorne gehende Drums sind ebenso exemplarisch wie popkulturell durch die Vergangenheit dösende Bilder a la „Lately, I’ve been thinking ‚bout those days/ Walkin‘ in your bedroom and seeing you through the haze/ Listening, listening to Pink Floyd and Queen/ The Beastie Boys and Rage Against the Machine/ We turned it up so you didn’t have to hear/ The yelling going on downstairs“. Zeitlos schunkelnd klingt das eben, als würden hippieske Kinks einem relaxten Paul Simon von DeMarco vorgestellt werden. Chillin’ In Alaska ist etwas näher beim Country auf einem Highway, den David Duchovny mit The War on Drugs und den Eagles im Hinterkopf befährt, mit sanftmütigem Lächeln über familieninterne Liebeskrisen gackert, bevor sich die Nummer später doch noch selbst in den Hintern tritt. In Future is Uncertain trifft ein allgegenwärtiger Kurt Vile-Vibe auf das nonchalante Nölen von The Walkmen im Fernsehgarten, dösend durch den gemütlichen Morgentau schippernd, und in Kern River passiert das verträumter, märchenhaft gar.
Tatsächlich schaut der Slacker-King dann auch wirklich auf einen kurz heulenden Besuch vorbei – in Sirens of Titan, wo die 80er-Drum-Machine krautig zu retrofuturistischen Synthies und einem dezenten Strokes-Feeling dahinläuft, ambivalent reflektierend („I was a little shit, a little right-wing/ When he said he loved Clinton, I couldn’t help but disagree/ I was fiscally conservative until I got that college degree“) und seltsam hibbelig, strukturell aber eigentlich enttäuschenderweise auf einer stromlinienförmigen Schiene. Durchaus exemplarisch dafür, dass High School in seinem Verlauf auch Schwächephasen hat und nach seinem tollen Einstieg im Verlauf nicht immer interessant bleibt.
Gerade Stupid Kid, das seine Fühler mit 80s Klavier formidabel zu Classic Rock-Stations dreht, die gerade Wilco Tribut zollen, mäandert exemplarisch gefällig, langweilt aber ausnahmsweise mit seinem prozessanalytischen Storytelling, wiewohl eine sehnsüchtig soulige Chor-Schraffur für nuancierte Facetten sorgt. Die Reduktion von Get Back Down to Me feiert unaufdringlich die funky Gemeinschaft und lässt später die Handbremse rockend los, I’ve Been Losing schwoft durch ein sepiafärbiges Spektrum der Jugend und Punch in the Gut wandert zurückgelehnt durch Heartland-Americana-Momente, bevor das nette What Did We Do With Our Time? die nebensächlich angenehme berieselnde Wirkung einer ganz und gar unironisch schönen Platte spätestens dann enger (und aus dem reinen Blick in den Rückspiegel) stellt, wenn Heidecker hinten raus gesanglich herrlich beseelt rau röhrt, und seine vermeintlich limitierte gesangliche Palette mit so viel Leidenschaft aufwiegt, wie man das als Umkehrschluss von Fear of Death kaum möglich gehalten hätte: Viele Geschichten hier drehen sich auch um verpasste Gelegenheiten und blicken Weggabelungen sehnsüchtig in ungenutzte Richtungen nach, funktionieren damit aber im Augenblick ganz wunderbar, unspektakulär, universell.
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