Tigers Jaw – Charmer
Das mittlerweile vierte Studioalbum ‚Charmer‚ hört da auf wo Tigers Jaw 2006 begonnen haben, vor allem deswegen, weil es das letzte Album in Vollbesetzung ist. Unbeeindruckt der Tatsache, dass Pat Brier (Schlagzeug), Dennis Mishko (Bass) und Adam Mcllwee (Gitarre, Gesang) noch vor Beginn der Aufnahme ihren Rückzug aus der Band bekannt gegeben hatten, liefern Tigers Jaw eine Fortführung des altbekannten Emocore der Truppe aus Pennsylvania. In gewohnt lässig-trauriger Manier werden Fans zurück in die 90er Jahre gespielt.
Ganz so zu tun als wäre weiter nichts, wollten Tigers Jaw vermutlich auch nicht, so finden sich die Vocals der beiden verbliebenen Mitglieder Brianna Collins (Keyboards, Gesang) und Ben Walsh (Gitarre, Gesang) verstärkt im Duett, wie etwa bei der Singleauskopplung ‚Hum‘ oder beim schon etwas älteren ‚Distress Signals‘. Aber ansonsten bekommen die Fans genau das, was sie sich von einem neuen Album erwarten durften: hypnotisierende, leicht verschleppte Rhythmen und viel Melancholie beeinflusst vom TV der 90er Jahre. Vom vorwärts treibenden ‚Frame You‚, das an ältere Nummern wie ‚Fake Death‚ erinnert, bis hin zum poppigsten Hit ‚Hum‚ entfaltet sich das ganze Bandspektrum auf dem letzten Album in Vollbesetzung. Zum Abschied darf fast die gesamte Crew mal ans Mikrofon: neben dem Hauptsänger Mcllwee ergänzt Brianna Collins mit ihrer perfekt zum Sound passenden melancholischen Stimme häufiger den Gesang.
Aber auch der Drummer Pat Brier darf beim eher durchschnittlichen ‚I Envy Your Apathy‘ seine (bescheidene) Gesangskunst unter Beweis stellen. Alles Zeichen für einen gut gemeinten Abschied in betrübter Emo-Harmonie. Womit wir schon bei den Schwächen des Langspielers ‚Charmer‚ wären: zum Abschied hätte man sich vielleicht einen Paukenschlag gewünscht oder zumindest etwas Experimentierfreudigkeit hier und da. Zu erwartbar, zwar auf hohem Niveau, aber auch zu gewohnt melancholisch. Vielleicht hätte ein bisschen Wut ob des Auseinanderbrechens der Band, die fast eine Dekade gehalten hat, gut getan. Die eine oder andere Uptempo-Nummer á la ‚The Sun‚ oder dem bereits erwähnten ‚Fake Death‘ würde der Platte mehr Würze verleihen.
Nichtsdestotrotz lässt es sich so wunderbar und lässig Trübsal blasen zu ‚Charmer‘. Bei Texten wie „Memories are taped on our walls, hung as a reminder. How easy it could be, when we weren’t growing apart.“ lässt sich der Weltschmerz gleich viel leichter schultern und das ist gut so. Tigers Jaw werden in der Musiklandschaft sicher eine kleine Lücke hinterlassen. Wie es mit der Band weitergehen wird, wissen die verbleibenden Brianna Collins und Ben Walsh selbst noch nicht so genau. Doch bevor sie sich darüber Gedanken machen müssen, touren sie mit befreundeten Bands oder spielen gleich Acoustic-Shows zu zweit.
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