Tides of Man – Re​:​visions

von am 26. Februar 2019 in EP

Tides of Man – Re​:​visions

Tides of Man feiern mit Re:visions den fünfjährigen Geburtstag des hauseigenen Gamechangers Young and Corageous mit der Neuaufnahme dreier Songs ihres 2014er Albums. Zumindest für Komplettisten eventuell ein Grund zur Freude.

Alle anderen werden wohl beiläufig mit den Schultern zucken, bleiben die Überarbeitungen – und damit der charakteristische Mehrwert der versammelten 14 Minuten abseits der verdienen Bauchpinselei – relativ überschaubar, obgleich für Kenner prägnant: Weniger Strom auf den Gitarren und ein eher gestreicheltes Schlagzeug, als dass es kraftvoll geprügelt wird, während die harten Konturen generell massiert werden.
Kleine, aber nachhaltige Variationen im instrumentalen Auftreten also, die vor allem stimmungstechnisch das Spektrum variieren, Re:Vissions letztendlich ein merklich versöhnlicheres Ambiente verleihen, als es das mit knackigeren, stereotypen Postrock-Sound ausgestattete Young and Corageous zu bieten hatte: Tides of Man fühlen sich in ihrem (nach Every Nothing gar nicht mehr so) neuen Genre offenbar wohl genug, um mittlerweile auch subversivere Töne anzuschlagen.

Ein Klangbild, das der Band an sich gut steht, mit der Basis von Young and Corageous als Ausgangsmaterial jedoch auch zu ambivalenten Ergebnissen führt. Der einzige Song, der nämlich tatsächlich durch die Transformation wächst, ist gleich das eröffnende Mountain House. Die Re:vision-Version hat nach einem märchenhaft klingelnden Intro mit seinen Akustikgitarren, perlenden Piano und der zurückgenommenen Physis der Drums einen weiteren Raum bekommen, in dem das Stück weniger präzise und scharfkantig arbeiten darf als das Original, beinahe ein nonchalanteres Americana-Flair transportiert. Die gemütlichere Unaufgeregtheit und gelassene Entspannung funktioniert für die kaum noch gehetzt wirkende Komposition ausgezeichnet, alles fließt nun ein bisschen natürlicher und weicher.

Im folgenden Parallels pulsiert das Geschehen über Klaviertönen und archetypischen Gitarren ebenfalls nachsichtiger, fürsorglicher, taucht die akkurate Dringlichkeit gegen verträumtere Konturen. Selbst der stampfende Parts bewahrt sich durch die nostalgische Melancholie des rutschenden Griffbretts eine streichelnde Zärtlichkeit, die auch der leider weiterhin nur willkürlich aufbrandend Chor nicht fixieren will: Ein bisschen beliebiger Wohlklang bringt der Weichspüler ganz allgemein mit sich, wirklich wachsen und tatsächlich neue Gefilde erkunden darf die Basis dabei allerdings nicht – Tides of Man bleiben zu nahe am Ursprung, wo die neuen Perspektiven ein paar neugierigere Evolutions-Exkursionen anstacheln hätten können. Diese Ambitionslosigkeit und Diskrepanz zwischen Form, Inhalt und Potential ist durchaus enttäuschend, vielleicht aber Symptom einer ebenso konsequenten wie kaum essentiellen Übergangsveröffentlichung.
Auf einen generell schwächeren Vertreter von Young and Corageous folgt letztendlich übrigens noch die Neubearbeitung eines Zäsur-Highlights. Das Titelstück der 2014er-Platte wandert kontemplativ sinnierend in Hoheitsgebiete, die eigentlich Mogwai für sich gepachtet haben, doch droht sich die Nummer letztendlich im einnehmenden Plätschern zu verlieren. Ob man Tides of Man ein bisschen zu viel Gemütlichkeit bei der nichtsdestotrotz wirkenden imaginative Tiefe vorwerfen will, ist aber eine Frage, die sich vor allem unersättliche Fans der Band ohnedies nicht stellen werden.

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