Thrown – Excessive Guilt
Klingen Thrown auf ihrem Debütalbum Excessive Guilt eher so, wie man sich am Höhepunkt des Nu Metal die Zukunft vorgestellt haben könnte? Oder so, wie sich die Generation TikTok den Jahrtausendwechsel im Rückblick eines ADHS-Rausches vorstellt?
Die Schweden um Vildhjarta-Mastermind Buster Odeholm haben sich seit ihrer 2022 erschienen Debüt EP Extended Pain noch vor Artgenossen wie Dealer, Alpha Wolf, Diamond Construct oder Graphic Nature an der Speerspitze einer Bewegung gesetzt, die unter dem Banner Nu Metalcore so frisch und fett aufgepumpt wie möglich ganz ohne verklärende Nostalgie eine schier absurde Popularität generiert hat: die Steaming-Zahlen gehen förmlich durch die Decke.
In den vergangenen zwei Jahren haben Thrown – neben Drummer Odeholm Brüllwalze Marcus Lundqvist und die Gitarristen Andreas Malm und Johan Liljeblad – den Hype über eine Schippe an Singles sogar noch weiter angeheizt, indem sie den stilistischen Anachronismus immer weiter in die Extreme provozierten.
In Guilt fiepend die Gitarren beispielsweise mit Panic Chords fauchend, die Beatdown-Muskeln des Moshpits haben eine Affinität zum Hip Hop-Beat und das Tempo wird ständig korrigiert, wo das Songwriting kurz und schmerzvoll auch bis zu einem gewissen Grad der Maxime Style over Substance zum Fraß vorgeworfen wird. Backfire verschweißt Szenen wie ein Industrial Remix einer Crossover-Erinnerung und On the Verge kettet an sein Phonk-Intro Riffs und Gebrüll, dass von Slipknot, Korn und Max Cavalera gleichermaßen sozialisiert wurde.
Weil alle diese Singles nun Teil von Excessive Guilt sind, und damit das halbe Album schon vorab veröffentlicht wurde, weiß man also, worauf man sich einlässt – zumal die noch nachgereichten zehn Minuten Spielzeit dem insgesamt knapp 21 Minuten dauernden Abriss zwar keinen schlüssigen Spannungsbogen besorgen, den trendigen Algorithmus-Wahnsinn in der die Vergangenheit mit futuristischen Steroiden in die Gegenwart beamende Matrix aber weiter dort anheizen, wo Bands wie Knocked Loose oder Vein.fm sich trotz unkonventioneller Motive immer noch einen gewissen Traditionalismus bewahren oder Jason Aalon Butler mit Fever 333 nicht derart kompromisslos kalkuliert.
Bitter Friend wringt den Zeitgeist mit Trap Beats gen Ho99o9 aus und Look at Me scratched dazu munter. In Nights scheint eine Virus-befallene AI Linkin Park als Metalband nachzustellen und kompositorisch als Clusterfuck freizudrehen, bevor Ignored ausnahmsweise mit Groove die Dinge laufen lässt und Bloodsucker in einer melodiefreien, sich zwanghaft verhaltenden Platte eine klare Hook zum billigen Fade Out führt.
Auch der Faktor, dass die Texte dazu banal wie eine Ansammlung aus möglichst unverfälschten Klischees zusammengebastelt sind, lässt Excessive Guilt manchmal wie eine Persiflage seiner durch das Over-The-Top-Ventil vermengten Zutaten erscheinen. Wie eine Aneinanderreihung von Gimmicks, die lieber in einer eindimensionalen Plakativität zünden, als edgy Ideen in kompositionell runder Form oder eigener Identität zu Ende zu denken.
Davon kann man freilich halten, was man will. Dem Ergebnis zuzugestehen, dass es mit Tunnelblick im Pit oder dem Gym Rage-Modus so allerdings auch ziemlich viel Bock macht, darum kommt man kaum herum.
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