Thin – The Overlapping Nature of Things
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Thin wissen, dass Länge relativ ist: Die nominelle EP The Overlapping Nature of Things flaniert ziemlich genau zwei Jahre nach dem zweiten Studioalbum Dusk nur mit einer knapp fünf Minuten kürzeren Spielzeit als dieses ins Ziel.
Insgesamt neuneinhalb Minuten sind freilich immer noch genug Auslauf für Ashley Levine (Guitar, vocals), Niko Hasapopoulos (Bass) und Drummer Hunter Johnson, um ihren sassy Math/Grindcore zu einer gebührenden Weirdo-Hatz aufzustacheln – gerade die Vocals dürfen sich diesbezüglich einmal mehr variabel aus dem Fenster lehnen.
Every Day a New Atrocity faucht keifend im Emoviolence als beinahe eskalierend wirbelndes Sperrfeuer, rezitiert mechanisch, hinten raus vertrackter groovend, und das daughters’eske Have a Nice addiert röchelndes Grunzen wie eine Death-Persiflage. Das technische Delirium Starting to Go on Walks Again denkt den melodischen Ansatz im Sprechgesang dagegen dort weiter, wo Alexis Marshall von Usurp Synapsen adaptiert hat, zur Schlittenfahrt.
Fly on the Wall drosselt das Tempo für Dillinger-Panikattacken samt Singsang und in Master and Ruler of the World wird ein Schweine-Riff in Grund und Boden gewalzt, um die Stakkato-Heaviness mit lethargische Wut dämonisch aufzuschwurbeln. Das öffnet der Band keine wirklich neuen Perspektiven, zelebriert die Zuverlässigkeit des Trios aber par excellence: ein Fanpleaser – nicht mehr, aber eben auch keinesfalls weniger.
Und dann ziehen Thin für The Overlapping Nature of Things letzten Endes auch mal wieder eine überraschende Pointe aus dem Kocher, indem sie den Kurt Weill & Bertolt Brecht-Megahit Mack the Knife interpretieren, als würde ein säuselnder Thom Yorke den Acoustic-Lo-Fi-Swing aus dem Handgelenk schütteln. Komplett aus dem Rahmen fallend und willkürlich gewählt. Aber gerade deswegen eine stimmige Entscheidung für die frechen Eklektiker aus New York.
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