The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die – Whenever, If Ever
The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die haben nicht nur einen ausgefallenen Bandnamen mit atemloser Nebenwirkung, sondern auch eine ebensolche Vorstellung vom emotionalen Indierock der 1990er-Jahre.
‚Whenever, if Ever‚ ist ein unberechenbares Tollhaus von einer Platte geworden. Während der Entstehung ihres Debütalbums ist die Band aus Willimantic auf zehn Köpfe (Facebook sagt: aktuell sind es nur noch 8) angewachsen, die natürlich auch alle beschäftigt werden wollten. In den immer weiter gewachsenen zehn Songs wuchern deswegen allerorts Synthesizer, Bläser, Cello-Einlagen, Delay-Effekte, Gruppengesänge und allerhand weitere Bestandteile des reichhaltigen Instrumentariums hinter dem Grundgerüst aus Gitarre, Bass und SchlagzeugGleich ‚Heartbeat in the Brain‚ addiert in das bunte dazu noch stakkato-hafte Metalriffs und weitreichende Postrock-Spannungsbögen, in ‚Fightboats‚ balgen sich die Jungs und Mädels von The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die das erste Mal mit der weinerlichen Frontstimme von David Bello um das Mikro.
The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die haben (alleine rein thematisch) ein sehnsüchtiges und wohl typisches juveniles Aufbruchs-Dokument gezaubert, in dem jeder alles will, kann und auch darf. Mit einem Bein in der Vergangenheit und dem Kopf in der Zukunft ist es angesichts des aufgefahrenen Repertoires zwangsläufig ausfransenden Songwritings aber umso erstaunlicher, dass unter dem Strich trotzdem immer ein nachvollziehbarer, herrlich zeitloser Indie-Gitarrenrock steht. In charismatischer Unordnung geordnet fokussiert, deswegen nie überfrachtet in seinen besten Momenten so sehr in Schräglage torkelnd wie frühe Modest Mouse-Alben.
Der Sound ist dabei ebenso verwaschen wie das Artwork, die Bodenständigkeit der Produktion erdet die immer leicht umständlich um die nächste Hookline tanzenden Melodien zusätzlich. Auch wenn die Band etwas anderes singt („Now it’s just Rival Schools and mewithoutYou on our car rides„) erinnert das im sorgsam inszenierten Übermut besonders in den Synthie-Momenten an den 2008er Einstand der Los Campesinos! – wobei The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die den Indie-Rahmen deutlich weiter fassen. ‚blanks #9‚ eröffnet guten Gewissens in jenen ansatzweise ambienten Gefilden, die ‚Whenever, If Ever‚ generell immer wieder zumindest andeutet, während ‚Getting Sodas‚ am Höhepunkt des Optimismus („The world is a beautiful place but we have to make it that way/ Whenever you find home we’ll make it more than just a shelter/ And if everyone belongs there it will hold us all together/ If you’re afraid to die, then so am I.„) als strahlende Hymne mit Postrock-Unterbau zum Feuerwerk mutiert. Dazwischen jagen sich The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die selbst von Hackenschlag zu Eingängigkeit, ketten reduzierte Parts an sich wellenförmig aufbauende, hibbelige Ausbrüche ohne Netz und doppelten Boden.
Besonders in den beruhigten Momenten haben dieses Jahr ansonsten nur die heimischen Rika dem 90er Emocore derart authentisch Tribut gezollt. Wo die Niederösterreicher aber vor allem die Elegie in die Arme schließen, tanzen The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die in aller Nostalgie lieber den vom Bauchgefühl dirigierten ADHS-Tanz.
Langeweile ist deswegen im kohärenten wie abwechslungsreichen Treiben ausgeschlossen. Für die hiernach hell strahlende Zukunft sollte sich das Kollektiv aber eventuell dennoch entscheiden, ob sie sich nicht ein paar zusätzliche Einheiten Griffigkeit genehmigen wollen – im beinahe überambitionierten Tatendrang auf ‚Whenever, If Ever‚ krachen The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die nämlich noch an den wirklich richtig brillianten Momenten vorbei. Weil sie das aber eben auf herrlich energische Art und Weise tun, tut Übermut zumindest in dieser begeisternden Vorstellungsrunde doch (noch) (sehr) gut.
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