The Wombats – Beautiful People Will Ruin Your Life
Das Trio aus Liverpool mag mittlerweile in alle Teile der Welt zerstreut sein, doch der mittlerweile wieder weniger wavelastige Indiepop der Wombats klingt auch auf Beautiful People Will Ruin Your Life immer noch wie für das brennende England der frühen 2000er maßgeschneidert. Das ist verdammt nett, aber leider ähnlich egal wie seine unmittelbaren Vorgänger.
Es könnte an sich ein ziemlich frustrierender Weg sein, den die Wombats seit ihrem auch heute noch hoch infektiösen Debüt A Guide to Love, Lost & Desperation über This Modern Glitch und Glitterbug eingeschlagen haben: Die drei Pop-Experten können eingängige Songs, die wie aus Lehrbuch sofort an die Angel nehmen und durch Matthew Murphys angenehme Stimme eine fast schon nostalgische Verbindung zu einer jugendlichen Frische knüpfen. „Ich wollte ein Album, das ein bisschen cooler klingt. Entspannter. Eines, das einem nicht jedes Mal direkt ins Gesicht springt, wenn man es anhört.“ sagt Murph, doch auch die elf neuen Nummern auf Beautiful People Will Ruin Your Life gehen mit ihren schmissig-gefälligen Melodien und Hooks ausnahmslos unmittelbar ins Ohr – man muss sie sich nicht erarbeiten, kann sie beiläufig konsumieren, sich zwanglos unterhalten fühlen.
In ihrer Form sind das alles irgendwo maßgeschneiderte Formatradio-Instants-Hits, für die man nicht notwendigerweise den Sender wechseln würde. Lemon to a Knife Fight etwa gibt den spannungsarmen Ohrwurm mit synthielastigen Sicherheitsleinen über dem faden Gitarrenpostpunkgerüst; deutlich zackiger agieren die Wombats in der potentiellen Paradesingle White Eyes, die ihre schmissige Badass-Gitarren ohne Widerrede dem Plastik ausliefert und durchaus adäquat die Lücke der Klaxons auffüllt.
Das angeschwollen pochende Turn hat dieses neongrell Epische, das Menschen kurz vor der Midlife Crisis in hymnische Zeitlupentänze zwischen fun. und M83 durch die Nacht führen soll. Ein Paradebeispiel für zukünftige Best of-Compilations, insofern aber auch richtig: „Maybe it’s the crazy that I miss/ It won’t get better than this„.
Deswegen wird das Tempo des hüftsteifen Black Flamingo auch gedrosselt, bis vom Ringelspiel nur noch ein lahmer Schatten über bleibt. „We break our legs and hit the dancefloor„. So funktioniert Beautiful People Will Ruin Your Life leider nur zu oft und baut die Discografie der Single-Band damit diesmal nichtsdestotrotz tatsächlich ein wenig besser auch auf Albumlänge funktionierend, denn ausschließlich auf Einzelsongs konzentriert, konsequent aus.
Das Leiden bei so viel harmloser Bekömmlichkeit ist dennoch seit bereits zwei Platten annähernd das selbe. Wo die Wombats grundsätzlich nicht wehtun wollen und ohnedies immer der Weg des geringsten Widerstandes gehen – womit sie der geringen Halbwertszeit ihres Songwritings nicht gerade entgegenarbeiten -, wiederholt auch Beautiful People Will Ruin Your Life sich schnell in den immer gleichen Strukturen ermüdend, hat vielleicht griffigere Szenen als seine beiden Vorgänger, leidet aber deutlicher unter seinem (theoretisch den richtigen Schritt machenden, praktisch aber sich selbst untergrabenden) Soundbild.
Die suboptimale Produktion von Mark Crew (Bastille, Rag’n’Bone Man) und Catherine Marks (Wolf Alice) lüftet zwar den synthetischen Kleister der beiden Vorgängeralben durch, arbeitet aber trotz der frei gewordenen Flächen erstaunlich Ecken und kantenlos, lässt viele der an sich so vielversprechenden (aber ihr charmantes Potential praktisch nie nutzenden) Songs über Gebühr plätschern, beliebig und austauschbar wirken. Es fehlt diesmal einfach der Druck im Auftreten, der geschärfte Fokus, das unbedingte Momentum hinter den überzeugenden Ansätzen. Das Ergebnis ist unnötig schaumgebremst und erschöpft sich entlang der Vorhersehbarkeit spätestens im uninspiriert abgespulten letzten Drittel der Nummern.
Gleich das an sich munter-motivierte Gitarrenhibbeln Cheetah Tongue lässt deswegen schon zu Beginn jedwede Wucht vermissen, es gibt jedoch auch im Verlauf keinerlei Amplituden, selbst die zurückgenommene Bridge variiert seinen Ernergie- und Intensitätslevel kaum – bei der Rückkehr des Refrains ist so jede Luft draußen. Es bleibt nur pure Gemütlichkeit, bissfertig und geschmacksneutral.
Mehr noch, die gedrosselte Midtempo-Fahrigkeit Lethal Combination beispielsweise wirkt in ihrer handzahmen Belanglosigkeit schon regelrecht penetrant (aber eben auch zu profillos, um als tatsächlich ärgerlicher Ausfall durchzugehen), bevor sich die Platte hinten raus über Bagatellen wie die klimpernd-stampfende I Only Wear Black oder den Beatles-Tribut Dip Your Honey im nebensächlichen Singalong verliert und schlichtweg kaum noch Eindruck hinterlassen – in positiven wie negativen Sinne.
Über weite Strecken ist Beautiful People Will Ruin Your Life damit mit seiner am Zeitgeist-Maknstream ausgerichteten Stromlinien-Inszenierung gewissermaßen vielleicht sogar ein (weniger gelungenes) Äquivalent zur aktuellen Weezer-Polarisierung Pacific Daydream geworden, Marke: „I don’t know why I like you, but I do„, wie der verträumt in die Bedeutungslosigkeit perlende Closer gar nicht so unrichtig feststellt.
Ein Strick lässt sich dem vierten Wombats-Streich aus seiner eindimensionalen Gewichtslosigkeit allerdings nur bedingt drehen: Fans werden zuverlässig bedient und nicht zuletzt live immerhin ihren ansatzlosen Spaß an diesen Kompositionen haben, die wie „Icecream in the sun“ schmelzen, während die grundlegenden Mankos einer nicht unsympathischen Platte sich auch für alle anderen paradoxerweise bis zu einem gewissen Grad gerade durch die relative Egalität der Musik aufwiegen könnten. Mit einer stärkeren, zwingenderen Hand am Produzentenstuhl wäre hier wohl deutlich mehr möglich gewesen, doch die Wombats haben schließlich zum vierten Mal in Folge kein per se schlechtes Album aufgenommen – aber eben zum dritten Mal eines, an das man sich in wenigen Tagen kaum noch erinnern können wird.
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