The Weeknd – My Dear Melancholy,

von am 24. Mai 2018 in EP

The Weeknd – My Dear Melancholy,

Der längst im Mainstream-Pop angekommene Abel Makkonen Tesfaye adressiert seine Break Up-Trauer an die Dear Melancholy, – und damit auch an eine elektronische Katharsis-Vergangenheit rund um die für The Weeknd bis auf weiteres nicht mehr greifbare Trilogy.

Letztendlich wohl egal, ob der 28 Jährige hier das Beziehungsende mit Selena Gomez oder jenes mit Bella Hadid verarbeitet. Auch, wo man Dear Melancholy, zwischen Mini Album, erster EP oder einfach nur einer „official studio record“ verortet.
Wichtiger ist, dass die vielerorts prolongierte Rückkehr zu einem wieder weniger polierten und oberflächlichen, dafür dunkler, emotionaler und schwerer wiegenden Grundton der Frühphase des Kanadiers tatsächlich bis zu einem gewissen Grad stattfindet. Freilich ohne dafür die Errungenschaften, Entwicklungen und Charakterverirrungen der beiden massentauglichen Platinalben Beauty Behind the Madness und Starboy aus den versammelten 22 Minuten auszuklammern: Dear Melancholy, ist eine im eigenen Saft suhlende elektropoppige R&B-Elegie voller Schwermut und, tja, eben auch Melancholie geworden, die sich sanft zwischen Vergangenheit und Gegenwart bettet, aber eben wieder um das Quäntchen mehr Tiefe (sofern man bei The Weeknd davon sprechen kann) erzeugt, als das für das Formatradio maßgeschneidert zuletzt der Fall war.

Wo der lyrische Inhalt, der grundlegende Vibe und das produktionstechnische Flair von Dear Melancholy, mit der vagen Erinnerung zurück (subjektiv gesehen) durchaus in die richtige Richtung ziehen, hinkt das Songwriting jedoch hinterher. Die versammelten sechs Tracks sind weitestgehend typische, risikoarm in die Gehörgänge schmiegende The Weeknd-Trademarksongs ohne gravierende Experimente, vielen Signature-Moves und gefälliger Eingängigkeit. Allesamt gehen sie gut ins Ohr und geben sich angenehm konsumierbar, sind geschmeidig leidende Streichler, die jedoch nur das eröffnende Call Out My Name mit smoother Theatralik tatsächlich als Soft pumpenden Hit (Marke: geschlossene Fäuste recken sich in Zeitlupe in den Nachthimmel) anbieten: „We found each other/ I helped you out of a broken place/ You gave me comfort/ But falling for you was my mistake„. Abel investierte also mehr in die Beziehung und leckt nun seine Wunden, sampelt mit Frank Dukes an den Reglern seinen eigenen Oscar-Kandidaten Earned it und bringt das plätschernde Piano von Nicolas Jaars Killing Time ins Spiel.
Keine Frage: Dieser Track musse raus. Das restliche Material kann das eingangs etablierte Niveau der Single jedoch nicht gänzlich halten, gibt sich allerdings erfolgreich das Repertoire erweiternd beinahe subtil der Melodramatik hin und lässt sich mit einer latent Austauschbarkeit höchstens den Mangel an unbedingt großen Melodien und Hooks vorwerfen.

Try Me baut auf das Können der Produzentenriege um DaHeala, Marz, Frank Dukes und Mike WiLL Made-It, ist eine verwunschene Ballade für das Geisterhaus mit trappig-sedierten Beats und dennoch auf nebulöse Art schwül-sommerlich, während The Weeknd versucht, seine Angebetete aus deren Beziehung loszueisen – auch, wenn er selbst dies anders sieht: „I thought you had some kind of love for your man/ Well, I’m not tryna break up something/ You’ve been working out, you’ve been steady„.
Wasted Times erinnert dagegen eher an Burial als an Skrillex – der hier allerdings seine Hände im Spiel hatte. Zu unaufdringlich sinistrem Dub Step rechnet Abel mit Gomez ab und träumt Hadid (auch jenseits der Gürtellinie) hinterher „These girls only want you when you’re winnin’/ But you’ve been with me from the beginnin’/ And I know right now that we’re not talkin’/ I hope you know this dick is still an option/ ‚Cause I’ll beat it up/ I took my time to learn the way your body functions/ You were equestrian, so ride it like a champion/ This sex will get you high without no other substance“.

Für das mit Synthies croonende I Was Never There hat sich The Weeknd widerum Hilfe Gesaffelstein geholt, der einen leger durch den Sonnenuntergang im Sommer flanierenden Song zaubert, der sich auch auf Lust for Life gut gemacht hätte – in Hurt You lassen Kanyes Techno-Kumpel und die Daft Punk-Hälfte  Guy-Manuel de Homem-Christo hingegen unspektakulär die Sirenen Heulen – weniger dezent agiert deswegen Abel selbst:“‚Cause all the nights you slept alone dryin‘ your eyes/ And all the nights you thought about taking your life/ ‚Cause if it’s love you want again, don’t waste your time/ But if you call me up, I’m fucking you on sight.“
Im solide die kurzweilige Leidens-Komfortzone zu Ende bringenden Privilege dann die Matrix-Referenz: „They said our love is just a game/ I don’t care what they say/ But I’ma drink the pain away/ I’ll be back to my old ways/ And I got two red pills to take the blues away„. Wohlwissend, dass The Weeknd hier weder nach vorbne blickt, noch den tatsächlich konsequenten Schritt zurück vollzieht – und deswegen auch ein wenig zwischen den Seilen hängt.

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