The Weeknd – After Hours
Abel Makkonen Tesfaye leuchtet seinen angestammten R&B auf After Hours deutlich wie nie im Neonlicht der 80er und Wavepop aus. Das funktioniert einnehmender und authentischer, als das Artwork auftischend will.
Allerdings kann dieser konsequenter als bisher vollzogene Retro-Blick zurück als ästhetischer Schritt nach vorne für das offiziell vierte Studioalbum leider auch altbekannte Probleme nicht von der Marke The Weeknd abschütteln, inhaltlich wie strukturell. Immerhin war die Geschichte von Kiss Land, Beauty Behind the Madness und Starboy auch eine der qualitativen Inkonsistenz: The Weekend kann Singles und Hits schreiben, Alben aber nicht.
Daran hat sich nun eben auch mit After Hours wenig etwas geändert. Immerhin gibt es Songs wie Snowchild oder Escape From LA, die einmal mehr zeigen, dass die hedonistische Kunstfigur von Tesfaye alleine mit seinem Schwanz denkt und textet, seine Emotionen ausnahmslos Hand in Hand mit Frauenproblemen gehen. Das kann schon arg im peinlich berührenden Fremdscham baden, doch sind die Nummern vor allem deswegen ärgerlich, weil sie auch kompositorisch kaum mehr als bocköde zum Trap und Soul langweilende Pop-Banalitäten darstellen.
Anderswo sind Bagatellen wie Heartless, Faith, das entgegen seines Titels leider zum vollwertigen Song formulierte Repeat After Me (Interlude) und der höchstens durch seine Nintendo-Effekte markante Schlußpunkt Until I Bleed Out dann bestenfalls egal.
Damit kann man leben, weil man The Weeknd diesmal ohnedies zu Gute halten muß, dass er diese Ausfälle und Schwachstellen bereits einerseits durch die Chromatics-geschulte Ästhetik und Atmosphäre annähernd auffängt, andererseits mit einigen wirklich gelungenen Standards gar eine bessere Balance im Gefälle sorgt. Die dramatisch entschleunigte Vocoder-Ballade Alone Again erledigt mit ihrem Rasselbeat und düsteren Keyboards einen tollen Job, In Your Eyes macht nicht erst bei seinem ausgelassenen Saxofon-Finale Spaß und Save Your Tears trumpft als nettes Plagiat-Amalgam für den Retro-Dancefloor auf, bevor sich der kompetent für den Club konstruierte Titelsong höchstens vorwerfen lassen muß, zu ausführlich zu arbeiten.
Bleiben werden dann aber dennoch vor allem die selektiv ausgewiesenen noch klareren Highlights der Platte: Too Late pumpt schillernd-catchy am Dubstep, Hardest to Love ist so flotter wie eingängiger Glitch-Pop mit Jean-Michelle Jatte-Patina und Scared to Live adaptiert Tears in Heaven als smoothen R&B-Schmuser, verneigt sich in den Credits aber vor Elton John. Und das retrofuturistische Blinding Lights klaut zwar beim Beat angefangen von Maniac bis A-Ha, ist im Grunde bocköde produziert, weil enorm undynamisch und monoton niemals die Intensität variierend, aber halt dennoch eine Smash-Single, der man sich in den kommenden Monaten nicht entziehen können wird – es gibt wahrlich schlechtere 80er-Aufgüsse da draußen!
Auch wegen dieser Nummern wird man zwar eher selten zu After Hours im Gesamten zurückkehren, doch tatsächlich: Der Schatten der Mixtapes, die The Weeknd vor dem Superstardom veröffentlichte, er überragt längst nicht mehr alle Momente der regulären Studioalben-Diskografie.
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