The Voidz – Like All Before You
Vier Jahre nach der Grammy-gewinnenden 2020er-Schönheit The New Abnormal will auf Like All Before You niemand zuständig sein, um die Weirdo-Attitüde von Julian Casablancas einzubremsen.
Gut, diesbezüglich waren The Voidz sowieso immer nur ein sehr situationselastisches Korrektiv für den mittlerweile 46 jährigen New Yorker. Mit Ivan Wayman, Justin Raisen und Sadpony als betreuende Produzenten läuft die Sache auf dem dritten Studioalbum seiner Zweitband nach dem überraschend zwingenden Vorgänger von 2018 aber durchaus ein gutes Stück weit aus dem Ruder – der Hardrock-Irrsinn Prophecy of the Dragon bleibt als erste von insgesamt fünf Singles (aber nicht allen vorab vorgestellten Songs/Demos – wie etwa Russian Coney Island) zwar die obskurste Chimäre einer eher als notdürftiges Mixtape, denn als kohärent sequenziertes Album durchgehenden Platte, doch fällt der Track in seinem Gebaren nicht aus dem von Intro (Overture) und Outro (Walk Off) zusammengehaltenen Rahmen.
Denn wo Albert Hammond Jr. die Strokes -Fakel weitestgehend wohlwollend weiterträgt, erklärt Casablancas Last Nite mittlerweile dezidiert für tot und betrachtet etwaige Verbindlichkeiten höchstens noch mit avantgardistisch-entrückter Exzentrik: Square Wave agiert wie eine Synth Pop-Demo eines Post Punk-Joggers im Weichzeichner, ist aber alleine durch den knietief im Autotune watenden Gesang dem Comedown Machine-Brutkasten über fünf Minuten hinweg entkommen, ohne zum Punkt zu finden. Und das flippige Flexorcist könnte im funky 80er-Schimmern von sphärischen Bilderbuch-im-Angles-Modus stammen. Auch wenn die wohl eher packende Hooks eingebaut hätten, anstatt die Instrumente zu Soli ausbrechen zu lassen, und am Ende einen komplett willkürlichen Ambient-Art Pop-Appendix anzukleben. Die entspannte Rhythmik von All the Same schippert zwar a la Vampire Weekend, doch vor allem aus der Bridge hätte (einfach!) ein schöner, wenngleich generischer Strokes-Song geformt werden können.
Dass der Mix bei diesen Nummern keinen Fokus wählt, vom Sound bis zum Songwriting beinahe jedes Element unverbindlich, unausgewogen und unfertig wirkt, lässt das wohl konfrontativ gemeinte Wesen einer dünnhäutig an ihrem Potential vorbeiproduzierten Platte so eher harmlos erscheinen. Manch interessante Idee oder unkonventionelle Facette soll Like All Before You zwar interessanter und eigenwilliger machen – nur wenige dienen jedoch dazu, die Substanz effektiv zu einem wirklich gelungenen Album zu führen.
Dennoch: Mit der Scheidung von Casablancas als losem inhaltlichen roten Faden hätten sich allerdings durchaus tolle Songs aus dem aufgefahrenen Material herausarbeiten lassen.
7 Horses macht den Spagat von der relaxt dösenden Dub-Trance zum Dreampop, um sich im nostalgischen Geplänkel zu verlieren, die Ballade Spectral Analysis driftet als Herzstück am Klavier ästhetisch gefällig durch das Weltall. Perseverance-1C2S
Wirklich daneben geht trotzdem nur When Will the Time of These Bastards End. Als Duett mit sich selbst in Schieflage, penetrant zugestellt von wahllosen Effekte und Synthies, als hätte eine virusbefallene AI sich Heart in a Cage vorgenommen und vertändelt, bis der Clusterfuck am Ende sogar am Schlager-Metal entlang schrammt. Selbst für eine strengere Produzenten-Hand wäre dieses Ungetüm schwer zu domestizieren gewesen – es hätte der antiautoritären Orientierungslosigkeit aber gerade hier, auf der Zielgeraden, elementar gut getan.
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