The View – Exorcism Of Youth
Wenn ein medienwirksamer Streit im Vorfeld einer Albumveröffentlichung offenbar (hier aber eigentlich gar nicht) Aufmerksamkeit für den Release generieren soll, ist das selten gutes Zeichen für das damit indirekt beworbenen Material. Im Falle des The View-Comebacks Exorcism of Youth ist die Sache dann jedenfalls so oder so halb so wild.
Immerhin ist Frontmann Kyle Falconer, mit mittlerweile zwei Soloalben im Kasten und den kreativen Output von The View nicht mehr alleine stemmend, immer noch einfach ein Könner in seinem Indierock-Metier: In Sachen Songwriting liefert er (und seine, nun ja, Wieder-Freunde Kieran Webster und Pete Reilly) auch auf der ersten Platte des wiedervereinigten schottischen Band seit Ropewalk von 2015 ab, die barrierefreien Ohrwürmer purzeln locker, eingängig und schmissig aus dem Handgelenk – der überschaubare nachhaltige Reiz der Nummern sei insofern erst einmal dahingestellt.
Gerade in der ersten Hälfte, wo flotte Nonchalance (The Wonder of it All) neben sympathischen Singalongs wie Arctic Sun stehen, anachronistische Orgeltexturen grundieren (Shovel in His Hand) und schon beim Einstieg mit dem Titelstück und Feels Like auffällt, dass (der nach Bread And Circuses ein zweites Mal das Ruder übernehmende) Produzent Youth dem Sound mehr Hochglanz verpasst hat, der tendenziell wohl auch dem Stadion nicht abgeneigt wäre – der Mittelteil von Exorcism of Youth will deswegen (ausnahmsweise sogar ein wenig verkrampft, weil) unbedingt Hymne sein (Allergic to Mornings) und gibt dafür im zweiten Herzstück Black Mirror sogar dem Mainstream-Kitsch samt Streichern mit der gediegenen Gefälligkeit eines heroischen Movie-Abspanns nach. Das geht überrschend okay!
Um den Songs Biss und Angriffslust zu verleihen, Spontanität einzufangen oder Kanten und Dreck unter den Fingernägeln zu belassen, ist Youth also der Falsche. Doch wenn Exorcism of Youth nach dem belangloseren Filler Neon Lights (quasi alles, was zwischen ZZ Top und Bowie zu zahm rockend sehr catchy sein kann?) und dem Tanzflächen-Serotonin Woman of the Year mit dem unkomplizierten Drive von Dixie (das seine Muster stellvertretend für einige Songs des Albums viel zu ausgiebig repetiert) sowie dem Finale aus der endgültigen 80er-Annäherung Footprints in the Sand und dem dort dreampoppiger schwelgenden Tangled in synthetischere Gefilde lenkt, funktioniert seine leitende Hand geschmacksicher dort, wie die Wombats nichts mehr zu sagen haben.
Offen bleibt dabei zwar schon über weite Strecken, inwiefern genau The View, wie proklamiert, für ihre Rückkehr nun tatsächlich von Pressure Machine und Sam Fender inspiriert wurden. Eigentlich egal. Denn dass das (ohne den nicht zurückgekehrten Schlagzeuger Steven Morrison kein Quartett mehr bildende)Trio fast 17 Jahre nach seiner bis heute unschlagbar starken Mega-Singlea-Schleuder Hats Off to the Buskers für eine rundum solide Platte gut ist, die unterhaltsam nebenher laufend unverbindlichen Spaß macht – und abschließend mit der Fanbrille betrachtet sogar die Aufrundung zwischen den Punkten bekommen wird! – braucht dann auch gar keine ablenkenden Zusatzinfos oder gar effektvolles Rabaukentum unter Brüdern (…sondern womöglich nur einen anderen Produzenten?).
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