The Vera Project – DIYs Not Dead #1
„Demos, covers, rare, unreleased, and previously released tracks from the hottest in the game“: Die vom The Vera Project zusammengetragene Compilation
„The Vera Project fuels personal and community transformation through collaborative, youth-driven engagement in music and art.“ Was im konkreten Anlassfall 45 Minuten Musik und fünfzehn Tracks meint, von denen die meisten dann eben doch wirklich eher wie Skizzen und Ausschussware anmuten, selten auf Augenhöhe mit den regulären Studioplatten der versammelten Bands agieren, deren rekrutierte Fans alleine ob der weitestgehenden Exklusivität freilich dennoch angesprochen werden.
Im Spannungsfeld aus minimalistisch entwickelten, phasenweise impulsiv ausgespuckten Stücken zwischen archaischem Postpunk und simplizistischem Hardcore macht DIYs Not Dead #1 so jedoch auch wenig falsch.
Dreamdecay dokumentieren mit dem gelungenen Einstieg ABC’s (Live on Big Garden) asketisch zählende 80er-Ästhetik über eine polternde Rhythmusmaschine und scharfkantige Gitarren im Flirt mit der Dissonanz, Machines From Trauma (von Cyberplasm) programmiert die hämmernde Drummachine beinahe am Grindcore und trimmt den Rest auf Godflesh, reibt die Saiten zu skandierenden Vocals zudem energisch auf: Stimmungsvoll, aber kompositionell symptomatisch wenig prägnant. Plastic Wrap (NASTI) ist schmutziger DIY-Hardcore, flott, kompetent und mit Slo-Mo-Twist, während das ausgedünnt gackernde Active Wire den nonchalant stacksenden Punk von Casual Hex zeigt.
Das brachialer pressende Hidden in Eternity (S.H.I.T.) drängt energisch nach vorne, anachronistisch, aber ereignislos verglühend. Stonehenge (Demo) ist eine typisch unterkühlte Total Control-Nummer, die archaisch dem Beat die Dominanz gibt und sparsam eingesetzt fiepende Analog- Synthies höchstens als ausschmückendes Element im Refrain bemüht, bevor der instinktive Rotzer New York Nightmare (Krimewatch) mit riffrockender Affinität schmissig auftritt, und London Fog (Gag) als metallisch heulende Nietenjacken-Rumpelattacke ein gemeines Highlight in einer vor allem ästhetisch einnehmenden Songsammlung bietet.
Tatsächlich interessant wird DIYs Not Dead #1 aber vor allem in der zweiten Hälfte der Platte, wenn der stilistische Rahmen auch immer wieder verschoben wird.
COLD GRIP (Silo 77) etwa ist treibende Club-Elektronik unter dem fuzzigen Schleier der fratzenhaften Verzerrung und Live in Reims, France 2007 ein bulliges Hatred Surge-Set aus Grind und Metal – inklusive billigstem Sound und viel hässliche Attitüde. Masculinity Crisis sollte man wegen Horse Girl Blues unbedingt auf der Rechnung behalten, da dieses Amalgam aus Country, Wave und Grunge die Brücke von vor 40 Jahren mit dem brennenden Indierock England der 00er-Jahre hinbekommt, als hätten Crush mit Kate Jackson den Gun Club für sich entdeckt. Das bereits 2013 aufgenommene Tremor Christ wiederum fängt die Liebe von Thou für Pearl Jam so typisch wie nur möglich ein – also als unsagbar heavy malträtierenden Doom samt Atonalität, der alle flapsige Leichtigkeit des Originals aufgegeben hat. The Body heulen mit J.W.C. über einem irgendwo ganz hinten pulsierenden Industrial-Gebrüll, dass sich immer weiter in Säure zersetzt, bevor fish narc mit RAT 2 (Cr) die pumpende Tanzfläche aus Störgeräuschen und fiependen Gitarren bis an den Funk bringen.
Die 45 Sekunden Hardcore von The Psychology of Quarantine (Iron Lung) schließen danach den den Rahmen genre- und spielzeittechnisch zum Beginn, konkretisieren aber auch die Ahnung, dass man sich in dieser Ausrichtung neben einigen abseitigen Highlights eher an das übergeordnete Einstellung von DIYs Not Dead #1 erinnern wird.
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