The Vaccines – Planet of the Youth
The Vaccines geben keine Möglichkeit, das letztjährige Doppel aus der herrlich kruden Cosy Karaoke, Vol. 1-EP sowie dem bisherigen Karrieretiefpunkt Back in Love City zu verdauen: das aufdringliche Planet of Youth unterschreitet Geschmacks- und Qualitätsgrenzen mit schockierend selbstverständlichem Anlauf.
„Back In Love City was written and recorded before everything was changed in the pandemic. The new EP is all music that was written on my sofa, but thematically and sonically it continues in the vein of the album.“ erklärt Bandleader Justin Young, warnt damit aber nicht ausreichend vor der erschreckend banalen Vehemenz, mit der sich The Vaccines auf Panet of the Youth in einen oberflächlich-austauschbaren Mainstream-Pop verennen, gegen den sogar der große Albumbruder eine ausgewogene Balance hatte.
Gleich Thunder Fever tänzelt mit einem generischen Chart-Makeover, die wie der am Reißbrett konstruierte Soundtrack für Yacht-Werbungen an der Hipster-Strandbar anmutet, fistelt hinten raus mit reguliertem Helium-Zulauf aus dem Vocoder, bevor auch der Titelsong seine tropikale Urlaubsstimmung fern all der Dinge tut, die man an den Vaccines lieben kann. Würde der Refrain nicht nach 08/15-Bandschema stampfen, könnte jede x-beliebige Formatradiogruppe für diesen stimmverfremdeten Synthpop-Quark aus der schimmernden Tonne verantwortlich zeichnen. Das muntere Young Meteors klingt dagegen so, als würde man mit nervtötendem „Uuuuuuuh„-Vorschlaghammer den Wombats ihren Platz am billigsten Hochglanz-Indie-Trog streitig machen wollen.
Dass diese den synthetischen Weg von Back in Love City so unbeirrbar fortgehende Richtung für The Vaccines beinahe zu einer regelrechten Vollkatastrophe führt, hat dann aber auch nur bedingt damit zu tun, dass die Band neue Perspektiven ausprobieren und sich in (wenngleich per se unvorteilhafte) Gefilde entwickeln möchte. Gravierend ist, dass sie dies (entgegen der schon so polarisierenden Cosy Karaoke, Vol. 1-EP) in der nahezu vollständigen Aufgabe ihrer angestammten Charaktereigenschaften tut, bisweilen jeden erkennbaren Charme zugunsten einer identitätslosen Breitenwirksamkeit mit schlichtweg frustrierend eigenschaftslosem, nur auf die Ästhetik fokussiertem Songwriting tut.
Im zum programmierten R&B-Pop wummernden Beat-Lounge-Sommertag Twenty Four Seven etwa erkennt man zumindest noch, dass Young und kein seelenlos-anbiedernder Algorithmus hinter der digitalisierten Nummer steckt, bevor das Finale von Planet of the Youth zumindest noch ein bisschen Schadensbegrenzung betreibt: Disaster Girl ist ein schmissiger kleiner Rocker, der den MO der Band im Plastiksound als kompetente (einmal gehört keinerlei weiteres Entdeckungspotential bereithaltende, aber unterhaltsame) Single aufwärmt, bevor Hometown of Jupiter als angenehm verträumt plätschernde Ballade pseudo-minimalistische Indietronic serviert, die den Flaming Lips so wohl zu inkonsequent wäre. Planet of the Youth ist jedenfalls der mutmaßliche Zenit einer Bandphase, mit der man nichts zu tun haben will – die einem die Vaccines allerdings dennoch nicht vollkommen verprellt.
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