The Uptown Monotones – Criminals
Die lange steiermarkweit als Geheimtipp gehandelten Grazer The Uptown Monotones legen mit Respektabstand zum frischen Wind, den sie letztes Jahr mit Luftballon, Beatbox und Didgeridoo in die Sido-Show „Die Große Chance“ geweht haben, ein überraschend seichtes Album vor. Bonuspunkt für die lange überfällige Verwendung der Grande Dame des Schweinsbratenbrotes als Covermodel.
Aber selbst eine Rose Mild kann da nicht viel retten. Die in aktueller Formation mit Beatverantwortlichem Ivory Parker seit 2009 bestehende Kombo arbeitet sich nun schon seit zwanzig Jahren durch die Musiklandschaften der Welt, und kam durch ihre gelungene, die ethno-anarchische Essenz ihrer Auftritte vermittelnden Präsenz im Castingzirkus des ORF zu etwas mehr als nur den längst verdienten 15 Minuten Ruhm. Mit dem unglücklich betitelten ‚Criminals‚ nun steht das Album bereit, dass das letzte bißchen Windschatten der Fernsehprominenz, und natürlich den Ruf vieler, vieler Auftritte nutzen soll, und dabei idealerweise die selbe Spielfreude und Kreativität wie die in die Tausende gehenden Konzerte und Streetgigs vermittelt hätte.
Stattdessen wird schon während des Openers ‚Criminals‚ klar, was den Hörer die folgenden dreizehn, im Durchschnitt wahrscheinlich exakt 3,5 Minuten langen Tracks erwartet: seichteste auf Formatradio getrimmte Post-Castingshowkost mit hochnotpeinlichen Texten zwischen Dieter Bohlen und plakativem Freigeisttum; die propagierte musikalische Vielfalt und organische Herangehensweise ist, wenn nicht zu Tode produziert, maximal durch hintergründiges massentaugliches Beatgeboxe und die sporadisch eingestreute Alibiballade oder routiniert abgespulten Dosenreggae präsent.
Die Fremdscham bezüglich der lyrischen Ergüsse auf „Criminals“ sei hier nicht zu sehr breit getreten, das spielt sich dann so in etwa zwischen „I’ve tried to hold you for a lifetime/but all we’ve got was filled with pain/I’d give it up to live my love again/…“, einem total ironisch geträllerten „Aber Wissen ist Macht, das hab‘ auch ich kapiert/und ich zieh mir alles rein, was nur irgendwie geht/egal ob ich’s versteh, oder ob’s mich interessiert/…“ oder einem total unironisch gepredigtem „Where there is God/there must be heaven/we’ve known that since 9/11“ ab. Mehr Gänsehaut bescheren einem da all zu oft nur noch die zu hoch gesteckten gesanglichen Ziele, die sich Werner Posekany zum Beispiel in ‚Soulstation‚, einem der definitiven Lowlights der Platte, gesteckt hat. Wäre eine ebenso nervzehrende wie ereignislose Ballade nach Schema F nicht schon genug, reißt der Gesang des erst dritten Songs der Platte bereits Wunden ins Gehör, die in weiterer Folge nicht mehr geschlossen werden können.
Generell sticht angesichts der wohl angepeilten Plattformen immens unausgegorene songschreiberische Qualität ins Ohr, und es spricht Bände, dass das mit Abstand gelungenste Stück auf ‚Criminals‚, ‚Tokyo‚, aus der Feder des relativen Neuzugang Ivory Parker stammt. Natürlich leistet man sich solche „Experimente“ erst hinten raus – nachdem man sich durch zehn unterdurchschnittliche Stücke zwischen Seeed und Waterloo & Robinson gekämpft hat, wird man beinahe am Ende durch eine angenehm unaufdringlich wabernde Dark Disco Nummer mit verhältnismäßig kühlem Gesang überrascht. Auch das folgende ‚Life on Planet Earth‚ bleibt elektronisch, abstrakt und okay. Als finales Stück sei die Reprise auf ‚Perfect World‚ erwähnt, ein souveräner Reggae-Jam, für den neben anderen Gästen Helgi Hrafn Jónsson an der Trombone gewonnen werden konnte, der auch schon hier und da für Sigur Rós ins Instrument gepustet hat.
Was bleibt ist Ernüchterung, und die Hoffnung, dass die Uptown Monotones ihren republikweit präsentierten Einfallsreichtum und die über Jahre live vermittelte Spiel- und Experimentierfreudigkeit nun in Zukunft nicht zu Gunsten der hier präsentierten Inspirationslosigkeit und Fadesse links liegen lassen, und vielleicht auf der nächsten Platte mal wieder das machen, was sie eigentlich gut können. Dass das nämlich auch massenkompatibel ist, wurde ja unlängst bewiesen.
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