The Strokes – Future Present Past EP

von am 1. Juni 2016 in EP

The Strokes – Future Present Past EP

Drei neue Songs als Rekapitulation, Standpunktverortung und Weichenstellung: Mit ihrer ersten EP seit 2001 und dem Neubeginn auf Cult öffnen The Strokes jeweils ein Fenster zur bandeigenen  Future Present Past.

Dass die Strokes nach der Erfüllung ihres 5 Alben-Vertrags mit RCA / Rough Trade genau auf jene Plattform zurückkehren, die Anfang des Jahrtausends einen imposanten Bieter-Wettstreit um die damals heißeste Aktie des Musikbiz entfachte, macht nicht nur als Referenz an die eigene Historie durchaus Sinn – schließlich konnten weder das famose First Impressions of Earth, noch das zerfahrene Angles oder das untergegangene Comedown Machine trotz zahlreicher großartiger Songs auch wirklich über die volle Distanz als restlos gelungene Alben begeistern.
Dass das Quintett sich rechtzeitig zum zweiten Leben auf Julian Casablancas eigenem Label Cult auf das entgegenkommende Kurzformat besinnt, beschert insofern die qualitativ wohl konsistenteste Strokes-Veröffentlichung seit Jahren. Und das, obwohl die drei neuen Nummern (plus ein mit gleißenderem, mit Space-Noise liebäugelnden, so gelungener wie bedingt essentieller Moretti-Remix von OBLIVIUS) bewusst weitreichend durch den Strokes-Kosmos streifen und so charakteristisch wie ausschnitthaft in die Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit der Band blicken.

Drag Queen (aka the Future) verleibt sich mit markant aus dem Bass-Gelenk geschüttelten New Wave Atmosphäre die Weirdo-Schlagseite von Tyranny ein, während Casablancas in einem herrlich schräg daherkommenden, sich immer kompakter zusammenzihenden Song seine antikapitalitische Schiene weiterverfolgt („Try to sell the water/ Try to sell the air/ Try to sell your daughter/ Try to sell her hair„) und die quietschenden und blinkenden Gitarren das Songwriting in einen sich dystopisch verselbstständigenden Parallelwelt-Rock zwischen Joy Division’scher Postpunk-Kühle, New Order, P.I.L. und eine generell faszinierend verzerrte Version der 80er schickt schickt. Konkreter – und näher bei den Voidz – haben The Strokes die retrofuturistisch-progressive, neongrell funkelnde Ader in ihrem Sound bisher wohl noch nicht erkundet.
OBLIVIUS (aka the Present) knüpft dagegen mit optimistischeren und helleren Grundton an die Stimmung von Comedown Machine an. Aufgeregte Gitarren verzahnen sich um eine stoische Rhythmusarbeit und haben einen hymnischen Refrain zum Niederknien als Trumpfass im Ärmel: „What side are you standing on?„. Klare Sache: Julian geht in der entrücktem Melancholie des leidenschaftlichen Rockers erlösend hingebungsvoll auf, Albert Hammond Jr. und Nick Valensi sprühen enthemmte Spielfreude aus, die keinen Unterschied zwischen Keyboards und Gitarren zu machen scheint. Der später angehängte Remix von Drummer Fab Moretti schafft es übrigens nicht die selbe klar konturierte Euphorie auszustrahlen, aber egal: Ein unwerfender Hit bleibt die Nummer dennoch in jedem Gewand.

„And for the first time in my life/ I’m gonna get myself right“. Threat of Joy (aka the Past) würde dann abschließend gar als enorm solides Überbleibsel aus der Zeit zwischen Is this it und Room on Fire durchgehen: ein verdammt schmissige Retrorocker mit schwelgendem Chorus und Lou Reed-Flair in der Strophe, so entwaffnend simpel wie herrlich beschwingt. Eigentlich erstaunlich, dass The Strokes einen derartig veranlagten Song überhaupt noch schreiben wollten. Mindestens ebenso überraschend auch, wie mühelos sie diese Schiene immer noch aus dem EffEff beherrschen, da ist kein Rost vorhanden. Weswegen man sich – so sehr man den Drang der Strokes auch respektiert sich weiterentwickeln zu wollen – insgeheim auch durchaus bei dem Gedanken erwischen darf, dass man nur zu gerne ein stilistisch derart verankertes Album der New Yorker goutieren würde.
Geht man freilich nach Drag Queen als Indikator, wird es aber wohl anders kommen. Wohin der Weg die Band führen wird, lässt sich angesichts der gelungenen Zäsur Future Present Past EP allerdings nur schwerlich sagen – alleine schon, weil The Strokes ihre Gegenwart vielleicht nie besser artikuliert haben, als auf OBLIVIUS. Dass die beiden rahmenden Stück da nicht ganz mithalten können fällt nicht negativ ins Gewicht, Filler gibt es hier eben keine. Als gelungene Zwischenbilanz und potenter Appetithappen funktioniert die Future Present Past EP deswegen auch ausgezeichnet – eventuell auch wegen der Unbeschwertheit, keine Erwartungshaltungen mehr erfüllen, oder gar ein obszönes Wettbieten unter den Plattenfirmen entfachen zu müssen.

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