The Smashing Pumpkins – CYR
Cyr trägt seinen Namen nicht von ungefähr: Billy Corgan zeigt klar, wer das Zepter bei den Smashing Pumpkins in der Hand hält, und hat mit seiner Band eine Synthie-Pop Platte mit Solo-Album-Feeling aufgenommen.
Man muss die Beiträge der drei Gitarristen – neben Corgan weiterhin Jeff Shroeder und James Iha – sowie Schlagzeuger Jimmy Chamberlain, dessen Patterns auch aus der Drummachine stammen könnten, über den Verlauf von gleichförmigen 73 Minuten praktisch mit der Lupe suchen. Erst Wyttch ist ein träger Alibi-Rocker mit Cut-and-Paste-Riff aus der Grabbelkiste, über den die galligen Keyboard-Streicher bügeln, während drumherum Logic-Programme, Synthies und Beats die Ästhetik des offiziell elften Studioalbums bestimmen – womit Cyr dezidiert näher in einer Reihe mit TheFutureEmbrace steht, als dem paradigmenwechselnden Meisterwerk Adore.
Denn anders als 1998 geht Corgan 2020 keine Wagnisse oder Risiken mit dem Stilwechsel vom angestammten Rocksound ein, sondern verrennt sich eher im anbiedernden Verlagen zeitgenössische Relevanz zu zeigen. Dennoch: Die genretechnische Ausrichtung an sich ist Geschmackssache und definitiv nicht das eigentliche Problem dieses gefühlten Alleinganges.
Diese beginnen viel mehr damit, dass Corgan als Produzent keine Nuancen kennt. Die Inszenierung hätte mehr Raum zum Atmen vertragen, denn jede Sekunde der Platte ist zugekleistert und ausgeschmückt, man wird förmlich erdrückt von den immer gleichen Texturen. Dazu ist mit dem Blick aufs Ganze auch kein Spannungsbogen vorhanden, die 20 Nummern folgen einer wahllose Anordnung und geben sich vollkommen austauschbar, was gerade beim unterwältigenden Finale aus Tyger, Tyger und Minerva auffällt, wenn ein höhepunktlose Reigen ohne Klimax aber viel Durchzug einfach in der Luft hängend verabschiedet.
Nach dieser Distanz ist auch klar, dass (25 Jahre nach Mellon Collie and the Infinite Sadness) auch absolut keine Veranlassung bestanden hat, Cyr als Doppelalbum durchgehen zu lassen: Das Songwriting ist solide, aber egal; nie per se schlecht, aber niemals tatsächlich stark; es gibt gute, eingänge Melodien und Hooks, aber keine herausragenden Szenen, keine Genieblitze, nichts ikonisch aufzeigendes oder wenigstens überdurchschnittlich ablieferndes – alles ist gefällig und leicht, verschwimmt in einem gleichförmigen Einerlei. Markant gekürzt und strenger selektiert hätte die übersättigende Platte also zumindest dahingehend besser funktioniert, weil gerade in der ausgelaugenden Egalität der Masse einfach so verdammt wenig hängen bleibt.
Am ehesten tun dies noch die zügiger und kraftvoller pumpenden Nummern wie The Colour of Love oder das Titelstück, die durchaus tanzbar ein gewisses Discoflair erzeugen, Gitarren nur in Facetten durch den Hintergrund schleusen, und mit den allgegenwärtigen Backingvocals von Katie Cole und Sierra Swan erst durchaus Interesse wecken – obgleich der soulige Chor der zwei Damen alsbald nach den immer gleichen Mustern agieren muß, wie eine limitiert-unkreative Imitation der Dirty Projectors-Trademarks anmutet.
Bei der entwicklingsresistenten Monotonie von Anno Satana oder dem mit netten Refrain auskommenden, aber sonst belanglos bleibenden The Hidden Sun ist der Reiz des Baukasten auch längst erschöpft. Birch Grove hat zumindest eine epische Ader im Auftreten und Ramona nutzt seine Penetranz für einen ausnahmsweisen Ohrwurm – viel mehr will sich individualistisch aus einem Einerlei aber nicht herauskristallisieren, das zumindest bedenkenlos im Hintergrund plätschert. 20 Jahre nach der letzten wirklich durchgehend relevanten Platte der Pumpkins führt dies aber auch zum mit einem wohlwollend beiläufigen Schulterzucken durchgewunkenen Eingeständnis, dass die Ansprüche an Corgan und seine Erfüllungsgehilfen einfach auch längst sehr niedrig sind.
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