The Smashing Pumpkins – Aghori Mhori Mei
Besser waren die Smashing Pumpkins lange nicht mehr: Mit der Monstrosität Atum außer Sicht und einer die Perspektiven geraderückenden Tour als Aufwind hat Billy Corgan den nötigen Biss für – das mysteriös betitelte – Aghori Mhori Mei gefunden.
Im Vorfeld hat Corgan eine „straight up rock and roll guitar record (…) that very much sounds like the ‘Siamese Dream’ / ‘Mellon Collie’ version of the band“ versprochen, und „old-school fans will be happy, for once„. Das trifft das Wesen des dreizehnten Pumpkins-Langspielers zumindest im weitesten Sinne tatsächlich, allerdings sind die Umstände genauer betrachtet dann freilich doch etwas ambivalenter ausgefallen.
Die Produktion und der Mix von Aghori Mhori Mei sind beispielsweise leider übersättigend dicht zugestellt – oft wirkt es, als würden die Vocals separat vom Rest getrennt passieren. Das Songwriting von Corgan bleibt 18 Jahre nach der Reunion seiner Band zudem durchwachsen, wo Segmente mal wahllos angeordnet scheinen und dann wieder die hartnäckige Wiederholung als Brechstange zur bemühten Eingängigkeit erzwungen wird. Dass die Texte bisweilen ratlos entlassen und auf emotionaler Ebene selbst mit viel Interpetationsspielraum nur sehr bedingt packen, ist ebenso symptomatisch. Und ohne organische Dynamik im Sound und den Schwächen in der Substanz fehlt es Aghori Mhori Mei in Summe einfach ein bisschen an Herz und Seele, um auch nur ansatzweise an das Feeling der Prime-Pumpkins heranzukommen.
Dies alles vorweggenommen gelingt Corgan, der, soweit als möglich eben doch auch die richtigen Stellschrauben nachjustiert, allerdings nichtsdestotrotz das beste Album der Band seit Oceania – was auch an den Schwächen der Vorgänger im vergangenen Jahrzehnt liegt, jedoch die Tugenden von Aghori Mhori Mei nicht unter Wert verkaufen soll.
Die geschmacklosen Untiefen von Atum kommen nämlich niemals in Reichweite, dafür herrscht nun wieder ein konstant überzeugendes Niveau, das über den Erwartungen liefert. Vor allem mit dem lange hinausgezögerten Grower Pentagrams, das über epische Synthwände eine massive, schlichtweg große Präsenz erzeugt und dabei höchstens nicht restlos zwingend zum Punkt findet, gelingt gar ein spätes Karriere-Highlight.
Überhaupt gerät der überragende Einstieg zu einem Statement in Sachen Revitalisierung und zielgerichteter Ambition: Edin packt nach seinem Intro ein catchy Riff zur Aufbruchstimmung aus, rockt fett als solider Rocksong, dessen pseudo-progressive Attitüde man absolut tolerieren mag. So muss diese Band in ihrem Streben nach der Weltherrschaft schließlich auftreten. Selbst wenn man phasenweise nur mit heißer Luft gestikuliert.
Danach ruft Aghori Mhori Mei sein Programm souverän ab – immer ein paar Schönheitfehlern zu viel unter der Oberfläche zeigend, um den latent frustrierenden Beigeschmack ob des subjektiv ineffektiv abgerufenen Potentials hinter sich lassen zu können.
Sighommi läutet mit seinen 08/15-Riff die kompakter gehaltene Phase der Platte ein, bleibt aber dennoch ziellos, bevor das zwischen stacksend und treibend etwas willkürlich wechselnde War Dreams of Itself in eine ähnliche Kerbe drängt, den rocken wollenden Kern des Albumcharakters forcierend. Dazwischen überzeugt Pentecost mit der Grandezza seiner retrofuturistischen Synthies in majestätischer Geste und wirklich schönen Streicher-Arrangements den Kontrast zur sanft schwelgenden Einkehr – gleichzeitig unverbindlich und selbstbewusst auftretend, seine Versprechen in der Strophe jedoch nicht konsequent einlösen könnend.
Who Goes There nimmt sich im Keyboard-Arrangement ruhiger zurück, ist schön und angenehm, das getragene 999 folgt balladesk mit doomigen Schattierungen seinen Klavier-Orientierungspunkten zu einer kontemplativen Bridge wie aus einem 00er-Actionfilm samt unterwältigigendem Klimax nach der tollen Kraftprobe. Goeth the Fall implementiert eine gewisse Leichtigkeit im verträumten Gedächtnis-Ambiente von Zwan und Silversun Pickups, ein wenig belanglos gefällig wandelnd, der Langeweile nicht ganz entkommend und die qualitativ abfallende Schlußphase der Platte einleitend. Sicarus baut sein Stangenware-Riff dort in einen Hardrock um ein untrüglichen Händchen für (die beinahe okkulte) Hooks und tolle Refrains, bevor der orchestrale Bombast und Pomp von Murnau als ästhetische Geste überzeugt, im Grunde ein potemkinsches Dorf darstellend.
Allerdings schafft Corgan diesen Umstand so zu inszenieren, dass man deswegen als Hörer das Interesse nicht an Aghori Mhori Mei verliert, sondern hinter der Fassade mehr finden will, als es womöglich zu entdecken gibt. Dieser Clou alleine bringt den 44 Minuten des Albums soviel mehr Anziehungskraft (und wohl auch Halbeertszeit) bei, als seinen direkten Vorgängerwerken. Ja, man hat stets den Eindruck, dass es sich auszahlt, diesem revitalisierenden Comeback zu folgen.
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