The Saxophones – Singing Desperately Suite

von am 28. Februar 2019 in EP

The Saxophones – Singing Desperately Suite

Um eine bezaubernde Single wird eine schlüssig funktionierende EP konzipiert: Die Leisetreter von The Saxophones liefern mit der Singing Desperately Suite einen stimmigen Nachsatz zum sehr feinen Debüt Songs of the Saxophones aus dem vergangenen Jahr.

Genau genommen will Singing Desperatly Suite inhaltlich sogar komplexer und ambitionierter verstanden werden, als das Mutterschiff von 2018, hat Alexi Erenkov die zehn Minuten der physisch auf 400 Vinylexemplare limitierten Veröffentlichung doch mit einem befreienden Konzept erdacht: „[It] caricatures my stilted process of awakening to the suffering I have caused women in my life. The four pieces represent my journey from oblivious (“Prelude”) to indignant and indifferent (“Singing Desperately”) to ashamed (“Crude Advance”) and finally a return to obliviousness (“You Seem Upset”). The title track was originally released on our debut LP, Songs of The Saxophones. It is an intimate expression of a phenomenon I see in myself and humanity as a whole: the ability to feel indifferent to other people’s suffering. It’s a theme Alison, my partner and bandmate, and I have spent many years considering and I wanted to expand upon.

Eine Platte also, die auch als Zeichen der Zeit verstanden werden kann und soll, so Erenkov: „I finished this EP in the Fall of 2018. Coincidentally, the week I recorded “Crude Advance” the United States Senate heard special testimony from Supreme Court nominee Brett Kavanaugh and Christine Blasey Ford. I was struck by how many people questioned whether the behaviour he was accused of constituted anything abnormal or criminal. This seemed to symbolize what I was trying to articulate: When immoral behaviour can be excused as normal we can distance ourselves from the consequences. I’m aware that women’s suffering is not my story to tell. My intention here is to apologize and describe my process of waking up, including my failings along the way. I’d also like to hope I could possibly motivate others to face the dark, unflattering parts of themselves and strive to do better.

An der stilistischen Ausrichtung der Saxophones hat sich indes übrigens absolut nichts geändert, immer noch spielen Erenkov und seine Frau und Partnerin Alison Alderdice (verstärkt durch Bassist Richard Laws) wunderbar leise schleichenden, enorm entspannten Slowcore für die zärtlich-sonnigen Stunden versöhnlich-tröstender Tage, vielleicht das gelöstere und luftigere Pendant zu Cigarettes After Sex.
Falsch macht das gerade als Ganzes enorm rund funktionierende Singing Desperately Suite deswegen folgerichtig auch nichts. Die vier Songs ergeben am Stück einen elegant-homogenen Fluss, der das inhaltliche Narrativ musikalisch in einen betörenden, sehr runden Fluss mit angenehmen Spannungsbogen bringt. Substantiell fühlt sich Singing Desperately Suite dann aber praktisch eben doch eher wie eine hinreißend verpackte Single mit einigen feinen Ideen drumherum an, die nicht die Qualität von Songs of the Saxophones erreichen und in letzter Konsequenz zu flüchtig bleiben.

Das 32 sekündige Prelude ist schließlich nicht mehr, als ein behutsames Easy Listening-Intro, das relaxtes Akustik-Geklampfe vor ein loungiges Flötenspiel (wahlweise in den Fahrstuhl oder auf die Yacht) zaubert, das bereits bekannte Singing Desperately bleibt ein liebenswert schüchterner, unaufdringlicher Ohrwurm und ein Aushängeschild für die Qualitäten des Duos – aber hier eben ohne tatsächlichen Mehrwert.
Das hadernd die Augen schließende Crude Advance basiert danach perfekt harmonierend auf abgedämpft sanftem, aber vitalen Bassspiel, kaum physisch werdender Perkussion und einer dahinter perlenden Gitarre. Spätestens wenn die vorsichtigen Flöten wunderbar akzentuierte Arranngement-Kunst zelebrieren, ist das pure, subtile Sehnsucht – und eben auch der einzige der drei nominellen neuen Songs, der sich tatsächlich befriedigend zu Ende gedacht ausformuliert anfühlt. Immerhin ist das 90 sekündige You Seem Upset eher ein den roten Faden verschwimmen lassender, für die Klammer sorgender Epilog, mehr noch aber nur eine minimalistisch verwehende Erinnerung an den Quasi-Titeltrack, kaum greifbar und ätherisch, gefühltermaßen ein nettes Reprise mit verlagertem Gewicht. Singing Desperately Suite ist deswegen in Summe auch kein essentieller, allerdings ein durchwegs charismatischer Appendix zum Debütalbum der Band, der zumindest Fanherzen mit dezenter Hingabe ein bisschen weiter schmelzen lassen wird – mehr aber auch nicht.

Vinyl LP auf Bandcamp |

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