The Offspring – Let the Bad Times Roll
Knapp neun Jahre haben The Offspring benötigt, um sich ihr zehntes Studioalbum abzumühen. Dass Let the Bad Times Roll nun tatsächlich erinnerungswürdiger geraten ist als der belanglose Vorgänger Days Go By, ist allerdings nicht unbedingt rein positiv zu verstehen.
Immerhin sind es primär so viele in die Gülle greifende Momente, anhand derer sich das bereits ab 2014 aufgenommene, aber nach rechtlichen Querelen erst jetzt startbereite Let the Bad Times Roll im Bewusstsein verankert.
Gleich in This Is Not Utopia stellt sich etwa die Frage, was zum Teufel mit der komprimierten Stimme von Dexter Holland los ist und warum die (mittlerweile mit dem hier noch nicht zum Einsatz gekommenden Todd Moss am Bass agierende) Band im Opener wie eine banale und penetrante Version von Bad Religion klingen will, während anderswo (vor allem in der polternden Stadion-Animationsgeste Coming for You, „hey“!) gefühlt die Lehrstelle gefüllt werden soll, die Green Day spätestens mit Father of All Motherfuckers hinterlassen haben.
Die Antworten darauf haben sicherlich mit der potentiellen Kaufkraft des angesprochenen Klientels zu tun, aber eben auch ein bisschen damit, dass das Songwriting dann eben doch griffiger und hartnäckiger hängen bleibend ausgefallen ist, als auf Splinter (exklusive des damals wie heute immer noch spaßigen Da Hui), Rise and Fall, Rage and Grace sowie Days Go By. So absurd es nämlich auch scheinen mag: Let The Bad Times Roll hätte grundlegend das wohl beste – sofern man dies an der Eingängigkeit misst – Studioalbum seit dem schon wirklich schwachen Conspiracy of One sein können, ist es tatsächlich aber nur mutmaßlich geworden, weil eben soviel schlechter Geschmack in der grottigen Produktion vor jeder theoretisch vorhandenen Substanz steht.
Sind die Drums in Army of One etwa absichtlich derart grotesk und dilettantisch gemischt und einseitig penetrierend inszeniert? Soll das Schlagzeugs gleich darauf in Breaking These Bones exemplarisch für die so beeindruckend seelenlos und aufgeblasene Plastik-Ausleuchtung von Bob Rock stehen, die im absolut unnötigen Piano-Remake von Gone Away ihren Höhepunkt erreicht, wenn zutiefst kitschige Streicher Hollands mit Studioeffekten kaputtreparierte Stimme nicht kaschieren können, und auch nicht, dass die Melodieführung in dieser sülzig-balladesken Form wie ein Diebstahl an Mad World anmutet.
Da passt es nur, dass die vollkommen sinnfreie Poppunk-Adaption In the Hall of the Mountain King wie ein redundanter Dienst an der Handyklingelton-Industrie auftritt und damit wie die der Aktualität zwangsläufig hinterherhecheln müssenden Texten als Totem für die gleichermaßen rückständige und belanglose Form wie die Entertainment-Attitüde der Platte interpretiert werden kann.
Essentieller ist da jedenfalls schon das Outro Lullaby, weil es die knackige Spielzeit von 33 Minuten zwar genau genommen künstlich verlängert, aber doch einen gelungenen Bogen zur Brechstangen-Single in Form des Titelsongs zieht, der in seiner übersättigenden Repetition symptomatisch catchy wie nur was ist – das zieht eine hübsche kompakte Schleife um das bunte Songsammelsurium ohne kohärenten Spannungsbogen, aber hässlichem Artwork.
Der Namenspatron funktioniert in seiner betont leichtgängigen Handclap-Nonchalance übrigens auch besser, als der aus dem Nichts kommende und ziemlich deplatziert wirkende Bläser-Pastiche von We Never Have Sex Anymore, dem man ambivalenterweise attestieren kann, dass das Ergebnis für mehr (ja gut, vielleicht streng genommen negativen – aber halt zumindest irgendeinen nachhaltigen) Eindruck sorgt, als rundum generisch auf effektiven Autopilot geschaltete Standards wie The Opioid Diaries oder dem einsamen Highlight Hassan Chop mit seinem Rancid-Drive, die dann beide live irgendwann jedoch wieder für unverbindlichen Unterhaltungswert zwischen den wirklichen Smashern der Band sorgen dürften.
Oder anders gesagt: Wenn es tatsächlich jemanden gibt, der auf diese zwölf Songs ernsthaft neun Jahre gewartet hat, wird nicht enttäuscht sein (müssen). Allen anderen können sie selbst mit nostalgischer Verklärung wohlwollend egal sein.
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