The Nels Cline 4 – Currents, Constellations
Vier Jahre nach der ersten gemeinsamen Kooperation Room verstärken sich Chef-Virtuose Nels Cline und sein kongenialer Partner, das ehemalige Wunderkind Julian Lage, für Currents, Constellations mit der hibbelig wie zurückgenommen auftretenden Rhythmussektion um Bassist Scott Colley und Tom Rainey (Drums).
Die (nach dem avantgardistisch-
Der Beginn der Openers Furtive gehört erst alleine einem verspulten Drum-Solo, in das nach und nach die anderen Musiker einsteigen, schnell eine hektische Hatz entwickeln, die der Disharmonie nicht abgeneigt ist, eine nonchalante Dramatik um sein grundlegendes Motiv legt und trotzdem griffig gniedelt frickelt. Swing Ghost ‘59 flaniert dagegen erst entspannt, kippt aber schnell in einen frechen Groove mit progressiv überdrehter Erdung, die mit gegen den Strich laufenden Gitarren wie Slint im behutsamen Noiserock-Modus anmutet.
Da können The Nels Cline 4 auf seine letzten Meter eine noch so schunkelnde Leichtigkeit antäuschen, die im superb-verschmitzten Thelonious Monk-Bop des mit infektiösem Verve daherkommenden Imperfect 10 mündet: Ein virtuoses Schaulaufen zwischen King Crimson und John Scofield, das sich keine bequemen Gefälligkeiten gönnt und vor allem ohne prätentiöse Manierismen vollkommen im Dienste der Musik steht.
Dass Currents, Constellations das absolut zwingende Niveau seiner überragenden Eingangsphase in weiterer Folge kompositorisch nicht gänzlich halten kann und will, liegt auch daran, dass der abenteuerlich übersprudelnde Energielevel zur Mitte hin bewuss zurückgefahren wird und die Band im ziellos-sprunghaft zerrissenen Puzzle Amenette als einzigen relativen Schwachpunkt mit starken Einzelideen einer mäandernden Tendenz erliegt. Schließlich forciert die Band schon in As Close as That vor allem die Tiefenwirkung der Stimmung anhand einer kontemplativen Nachdenklichkeit, die kein Spektakel braucht und mit einer angenehmen Passivität die Atmosphäre über alles stellt.
Das sugestive Currents, Constellations lebt gerade hier auch von seinem großartig produzierten Raumklang, seiner wohltemperierten Distanzlosigkeit und sentimentalen Subtilität. Zumal ein weniger schwindelerregendes Understatement keinesfalls ausschließt, dass das Debüt des Vierers über die gesamte Spieldauer zahlreiche fantastische zu bieten hat. Temporarily ist etwa eine rundum smoothe Interpretation des Jimmy Giuffre 3-Songs von Carla Bley, oft näher an der Klanginstallation, die vom anvisierten organischen Ensemble Sound lebt und nahtlos in die betörende Intimität des zweiteiligen, erst fragil-verträumten, dann mit sympathisch-neckischer Percussion-Beschwingtheit tummelnden River Mouth führt. Das abschließende For Each, A Flower fungiert danach dagegen vor allem als versöhnlicher Resonanzkörper ohne physische Greifbarkeit,ist ein stiller, heimlicher Abschied ohne große Geste.
Selbst hier hallt allerdings noch die großartige Dynamik der beiden Gitarristen im improvisierten Dialog nach, die sich von der makellosen Rhythmussektion getragen gegenseitig umgarnt, zu Finten führt, motiviert und befeuert. Es macht schlichtweg Spaß, diesen Koryphäen beim Spielen zuzuhören, denn Currents, Constellations ist komplex, instinktiv und akribisch, auch erfrischend locker und detailliert, sperrig und fesselnd, mal nervös und dann wieder wunderschön schwelgend. Oder aber: Das Highlight, das man sich von diesem Gipfeltreffen erwarten durfte.
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