The Men – Hated: 2008-2011
Mit ihrer aktuellen, erst wenige Monate alten Bestandsaufnahme Drift haben Tee Men offenbar doch einige Anhänger enttäuscht. Der ideale Zeitpunkt also, um sich via Hated zum zehnjährigen Jubiläum an die eigenen Wurzeln zu erinnern.
Ein klein wenig lässt sich die nach 2011 noch für The Men stattfindende, wohl niemals abgeschlossene Evolution der Band wohl bereits in Facetten der Compilation Hated nachvollziehen: Saucy öffnet sich vage verhuschter 80er Shoegaze-Elementen im Gesang, das The Breakaways-Cover Walking Out of Love lässt schmissigen Pop absolut zu und die beiden hippiesken Country-Miniatur-Skizzen Cowboy Song und California blicken sogar bereits nachdenklich von der Veranda in den Sonnenuntergang, bevor das streichelnde Wasted sich durchaus versöhnlich mit der Harmonielehre zeigt.
Auf Hated: 2008-2011 sind derartige Szenen trotzdem noch Ausnahmen der Regel. Ein Gros der Songsammlung führt schließlich dezidiert vor, dass die Welt rund um (und gerade auch vor) Immaculada (2010) noch eine andere für die später unberechenbar werdenden, jede stilistische Option wahrnehmenden The Men war. Was auch daran liegt, das seinerzeit noch Bassist und Co-Vocalist Chris Hansell Teil der Band war – und mit seinen manischen Gebrüll eine allgegenwärtige Nähe zum adrenalinreichen Hardcore bestand.
Gerade am Beginn der Compilation steht deswegen eine hemmungslos scheppernde, rauschende No-Fi Sammlung in besserer Bootleg-Qualität, in der die New Yorker noch weniger auf differenziertes Songwriting setzen, als auf die pure und ungemein rohe Energie ihrer ungestümen Performance: „The core value of the original incarnation of The Men was work ethic„.
Gleich Twist the Knife kommt deswegen mit Feedback und aggressiven Vocals am Noise aufgeheizt aus der Rock‘n‘Roll-Garage, prolongiert wie auch der titelspendende Track danach aber unmittelbar, wie unfassbar mitreißend The Men simple Mittel provozierten, wie sie Richtung Guitar Wolf–Exzess schlagend dabei aber auch erstaunlich effizient Melodien, Riffs und Holks anpöbeln konnten. Selbst der härteste Krawall kann insofern nicht kaschieren, wie schnell die Band in frühen Highlights wie etwa in Gates of Steel ihr Gespür für eingängig zündende Szene-Hits entwickelte.
Es ist also nicht nur die Ästhetik und Haltung, die Hated ausmacht, sondern auch der permanente Hunger. Digital Age klingt beispielsweise, wie ein Batman-Theme, wenn Bruce Wayne Punk wäre – oder zumindest im Pit einer Replacements-Show ausrastend, während Captain Ahab seinen Moby Dick in Dick Dale und ausgelassendem Kerosin-Rockabilly findet. Überall hier finden sich kleine Rohdiamanten, die noch unter enormen Druck stehen, heimliche Highlights einer intensiven und impulsiven Karriere. „For those who were at those early NYC shows, Hated will be a welcome reminder of a glorious time in the underground. For those who weren’t, it’s a chance to experience The Men as the locals did, and to get a glimpse of a Brooklyn DIY scene that doesn’t really exist anymore, at least not in the same way. And for diehard fans of the band, it’s a reminder of how much they’ve evolved, and how much more evolution they still have to go.“ trifft der Beipackzettel die Stimmung insofern ziemlich exakt.
Was dabei aber vergessen wird, wenn schon die Rezeption der Diehard-Fraktion angesprochen wird: Schade, dass Hated: 2008-2011 keinen Anspruch auf Vollständigkeit stellt. Wo sich das zusammengetragene Material auf eine ziemliche Bandbreite an Ressourcen verlassen kann – „the debut demo tape (a hand-dubbed and spray-painted run of 32 copies, half of which worked), a split with Nomos, a 7″, a 12″ EP, and a slew of unreleased demos, outtakes, and live recordings“ – finden einige Songs des Backkatalogs aus der abgehandelten Zeit nicht ihren Weg auf Hated: 2008-2011 und hinterlassen insofern schon auch (zumindest für Komplettisten) einen frustrierenden Beigeschmack.
Zumal diese Selektion nichts damit zu tun hat, einen ausnahmslos essentiellen und kohärenten Spielfluss zu gewährleisten. Immerhin ist das brücksichtigte Control Loop seinem Titel entsprechend ein reines Distortion-Klangexperiment ohne Mehrwert und Free Sitar eine zwei Minuten lang mantraartig wiederholte Melodielinie auf dem psychedelischen Instrument, die repetitiv wahnsinnig machen kann oder in drogeninduzierte Hypnose versetzt, während im weiteren Verlauf die Aufnahmequalität der Platte immer wieder kippt.
Gerade weil Hated: 2008-2011 selbst aber dann immer noch ein rundum stimmiges Unterfangen bleibt und jedem The Men-Fan ein Grinsen ins Gesicht treiben kann, wäre die Inklusion aller verfügbaren Nummern interessant gewesen – und hätte dem einen oder anderen Sammler sicherlich viel Zeit und Geld erspart. Dass sich diese Dinge aber auch (und gerade) für die künstlerisch unausgegorene, an Leidenschaft aber nur schwer zu überbietenden Frühphase der Band auszahlen, muss man nach diesen funkensprühenden 56 Minuten purer Kurzweiligkeit wohl nicht extra erwähnen: Tatsächliche Rohrkrepierer haben The Men einfach nicht in ihrer Diskografie, hatten sie nie.
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