The Men – Devil Music

by on 27. November 2016 in Album

The Men – Devil Music

Seit The Men 2014 auf Tomorrow’s Hits einer leichtgängigen Vision des klassischen Heartland Rock auf den Fersen waren, ist es im wahrsten Sinne ruhig um die ansonsten so eklektischen Vielveröffentlicher geworden.

Weil sich die New Yorker sich davor seit ihren frühen Noise-Garage-Rowdy-Tagen bekanntlich im Jahrestakt neu erfanden und mit Immaculada, Leave Home, Open Your Heart, New Moon und Tomorrow’s Hits nicht nur ein großartiges Album nach dem anderen ablieferten, sondern auch justament am gefühlten vorläufigen Zenit ihres steten Aufstiegs von der Bildfläche verschwanden, war man durchaus geneigt sich Sorgen um das Quartett unter der Führung der beiden Gitarristen/Sänger Mark Perro und Nick Chiericozzi zu machen.
Devil Music zeigt nun, dass jedweder Verdacht unbegründet war: The Men funktionieren einfach nicht nach derart konventionellen (geschweige denn am Markt ausgerichteten) Mustern, haben sich einfach ein Jahr Pause gegönnt um die Batterien aufzuladen – und mit einem sechsten Studioalbum zurückzukehren, dass viel eher an die furiose krachende Frühphase der Band anknüpft, anstatt abermals eine Wagenladung an Hits anzupeilen: „We wanted to give ourselves something enjoyable to listen to with this record… Something that had our personality in it, not just another record to get reviewed, to get into festivals, to get on tv, to participate in some sort of endless, winless game. This isn’t a campaign.

Aufgenommen an einem Wochenende im Jänner gleicht Devil Music einer aggressiv mitgeschnittenen Session, einem energetischen und rohen Rock’n’Roll-Rausch, in den The Men hemmungslos verfallen. Da regiert wieder das Atemlose, das Räudige, der Noise und das Garage-Flair reißen verschwitzt und punkig mit. Die Verstärker sind bis zum Anschlag gedreht, die Gitarren verzehrt, die Rhythmusabteilung treibt gnadenlos. Fuzz, Feedback und Schaum vorm Mund, das Vierspur Gerät kurz vor der Explosion, der wilde Rowdy-Lo-Fi-Sound kocht.
Das eröffnende Trio um Dreamer, Crime und Ridin on sprintet jaulend in die Fussstapfen der Buzzcocks, Stooges, Comets on Fire, Ty Segall, The Icarus Line und Konsorten, bevor das enorm kaputt daherkommende Lion’s Den das Geschehen nur kurzzeitig ausbremst, auf ein fiebriges Saxofon und einen dominant neben der Spur explodierenden Rhythmusbaut. Alles zischt, rauscht, drangsaliert – ein giftiger Kotzbrocken von einem Song, sexy und gefährlich. Das hypnotisch in die Beine gehende Patterns groovt dagegen leger um das entrückt in die Wüste heulende Psycho-Saxofon, ist mit viel Reverb eher ein loser Jam um eine boshaft-entspannte Grundidee. In Violate geißeln sich The Men dann derart exzessiv, dass selbst der Gesang zum impulsiv unverständlichen Gebrüll mutiert.

Zügellosigkeit hat hier eben System. Das rauchig gackernde Hit the Ground hantiert deswegen flehend mit verzweifelten Blues-Elementen und landet mit flirrender Schlagseite in psychedelischer Manie. Wahrhaftig exzessiv gerät allerdings erst Fire, dass von der Lauerstellung immer wieder in den hemmungslosen Rock-Orgasmus andeutet, ohne aber tatsächlich in letzter Konsequenz derart euphorisch zu entlassen, wie das die stärksten The Men-Momente bisher taten.
Insofern ist es auch symptomatisch, dass das entspannte Gun zwar einige Packungen Zigaretten zum kultivierten Hitverständnis der Band addiert, aber ansonsten seltsam ziellos um seine Motive mäandert und letztendlich einfach den Strom ausfadend abstellt. Das Quasi-Comeback der vier New Yorker verlässt sich eben mehr als jede andere Platte seit Leave Home auf das Momentum, auf Spontanität und Unmittelbarkeit – und gewinnt damit nicht jede einzelne Szene.
Auch weil sich The Men nur im folkigen (schönen, aber auch etwas deplatziert wirkenden) Akustikkleinod (no, na) Interlude eine Verschnaufpause gönnen, weckt das am Stück am zwingensten funktionierende Devil Music damit primär den Eindruck, erst einmal ein Druckablasen nach der kurzen Pause zu sein; ein knackiges Warmspielen, um wieder auf Betriebstemperatur zu schießen; ein Geraderücken der Instinkte und Perspektiven. Und dennoch: Wenn man nach diesen scharfen 34 rausgehauenen Minuten trotzdem wieder mehr hartnäckige Ohrwürmer hat, als bei den meisten Kollegen weiß man, dass The Men absolut nichts verlernt haben – es einem höchstens weniger leicht (und offensichtlich) machen. Ein herrlich unmittelbares Teufelsgebräu von einem Album!

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