The Lovecraft Sextet – Seekers Who Are Lovers
Für den guten Zweck: Wenige Monate nach Miserere nehmen Jason Köhnen und sein Lovecraft Sextet das Cocteau Twins-Stück Seekers Who are Lovers als Ausgangsstück einer Doomjazz-Exkursion.
Aus den ursprünglichen knapp fünf Minuten der Milk & Kisses-Nummer von 1996 werden da nun 30 – wobei das Original im weitesten Sinne nur der Ausgangspunkt der Interpretation ist.
Insofern kommen Köhnen und Co. (Vocals: Antonia Marquee; Soprano: Lilian Tong; Vocal (screams): Chelsea Murphy; Saxophone: Artem Koryapin; Saxophone: Colin Webster; Piano: Blake Lodge) sogar schnell zur Sache: der Beginn dieser Version von Seekers Who are Lovers bleibt rund um eine Drummachine, ätherische Schwaden und den sehnsüchtigen Gesang nahe am griffigen 80er-Synthpop-Song, derweil chorale Schraffuren sich im Hintergrund wehend nur bedingt zurückhalten und die Melodie in ihrer melancholischen Aufbruchstimmung verzieren.
Soweit, so konventionell. Sobald die Nummer aber nach viereinhalb Minuten in ein Saxofon-Solo übergehend ausfadet, beginnt eine Abfolge aus Segmenten. Da lässt das Lovecraft Sextet einen typischen Doom Jazz in schwelgenden Noir-Flair nachwehen, die Stimme wird zum Element der Klangmalerei einer bedächtig schlurfenden Schönheit, die sich hingebungsvoll und erstaunlich kräftig in die Kurven legt, bevor die Niederländer nach knapp siebeneinhalb Minuten nach Twin Peaks abbiegen: Die Keyboard-Flächen verbeugen sich hier so ehrwürdig vor dem kürzlich verstorbenen Meister Badalamenti, dessen Fingerabdruck in der Musikgeschichte niemals vergessen werden wird.
Rund um die Zehnminutenmarke färbt sich die Gangart mit einer schweren Orgel gotischer, verschwimmt als Collage, die zum sakralen Horror eines Drones rezitiert. Fünf Minuten später nimmt die Nummer wieder an hibbelig zappelnden Schwung auf, die Vocals schreien im Reverb dämonisch gepeinigt hinter dem zappelnden Drums, die plötzlich in den abgedämpft entrückten Blastbeat ausbrechen und das Geschehen zu einem ausgewaschenen Black Ambient/ Dungeon Synth-Inferno machen.
Sobald das Lovecraft Sextet diese Gangart ausbremst, kehrt es gar in die Nostalgie einer sentimentalen, zurückhaltenden Piano-Linie ein, auf der sich die Musik pastoral wehend erhebt, bis Seekers Who are Lovers in den letzten Minuten den Rahmen schließt, die Gesangslinien wie eine entfernte Erinnerung an die Cocteau Twins und den Beginn dieser Odyssee hier durch den konturoffenen Ambient treiben, langsam und leise veglühend. Ein schöner, experimenteller Tribut von Köhnen – auch wenn dieser letztendlich dann doch eher ein Kaleidoskop für die eigene Komfortzone ist.
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