The Grey – Kodok

von am 13. April 2025 in Album

The Grey – Kodok

Rund um ihr Debütalbum Dead Fire hat sich das britische Instrumental-Post Metal-Trio The Grey eine ordentliche Reputation in Szene-Kreisen erspielt. Dieser Status genügt Kodos nun allerdings (leider) nicht mehr.

Der an sich durchaus löbliche Anspruch an sich selbst ist jedoch auch die Crux, die Anspruch und Umsetzungsvermögen der Band auseinanderklaffen lässt, derweil die Substanz der angestammten Kernkompetenzen verwässert wird.
Bewegen sich The Grey diesmal nämlich in ihrer angestammten stilistischen Komfortzone, wie gleich im doomig eröffnenden Zwölfminüter Painted Lady, fallen die Ergebnisse relativ ernüchternd, weil durchwachsen und nicht auf dem bisherigen Niveai abliefernd aus. Während die atmosphärisch flächige Gitarrenarbeit im angenehm rauen Sound stimmungsvoller funktioniert, bringen die zu generisch veranlagten,  packend gemeinten, harten Riffs kaum Druck auf den Boden. Das sorgsam konstruierte Songwriting mäandert sowieso zu inkonsequent, das Anlegen der Daumenschrauben schweift willkürlich gelöst ab, wiewohl der rockige Galopp überzeugt.

Auch das neunminütige Chvrch ist nach seinem Dark Folk-Einstieg am Lagerfeuer kaum mehr, als ein in Sachen malerischer Melodie und Handwerkskunst absolut kompetentes Stück Fließbandarbeit samt einer schön aggressiv entlohnenden Klimax – also etwas, das man so von etwaigen Genre-Kollegen wie Pelican oder Russian Circles einfach schon in jeder Hinsicht besser vorgesetzt bekommt.
Wie gut The Grey dabei an ihren Leisten schusternd jedoch immer noch sein können, lässt sich dagegen in La Bruja (Cygnus) nachhören, der die frühen Glanzzeiten von Baroness und The Sword mit den Lehren von Isis als Sehnsuchtsort mit psychedelischer Patina, Groove und einem sinisteren Rückzugsort erreicht.

Noch ambivalenter fallen dann jedoch jene Phasen von Kodok aus, in denen die Band aus den gewählten Schablonen ausbrechen und ihren Sound weiterentwickeln bzw. gar neu erfinden will.
Das geht im von Ricky Warwick ziemlich pathetisch intonierten Americana-Geplänkel Don‘t Say Goodbye jenseits von Crippled Black Phoenix absolut banal und kitschig daneben, wobei erst das Doppel aus AFG (ein repetierender 08/15-Baukasten mit Mark Richardson von Skunk Anansie und Christopher Hargreaves alias fatttybassman) und seinem mNSTR-Appendix (ein altbackener 90er-Elektro-Remix, der komplett willkürlich auftauchend so unpassend aus dem Rahmen fällt) wirklich frustrieren den Rohrkrepierer-Spagat macht.

Anderswo gelingt der Umbruch – obwohl The Grey streng genommen einfach zu Kopisten werden, indem sie Grady Avenell anheuern und dessen Band Will Haven kurzerhand beinahe deckungsgleich imitieren.
El Brujo (Cygnus II) ist praktisch ein atmosphärischer Nachhall zu VII, ätherisch wandernd und gepresst gebrüllt, bis die (nur digital auf das Album gepackte) Nummer verträumt in Cult of Luna-Gefilden ausfließt und Sharpen The Knife auf seinen düsteren Synth-Flächen danach praktisch noch deutlicher ein Cover-Song der Sacramento-Band sei könnte. Das ist in Sachen Individualität und Charakterstärke vielleicht ein Offenbarungseid, in Sachen Qualität und Ästhetik eben doch auch ein so überzeugendes Methadonprogramm, dass es Kodok mit viel Wohlwollen gerade noch einen Level nach oben zieht, dabei aber nicht die Frage beantwortet: Quo Vadis, The Grey?

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