The Claypool Lennon Delirium – The Monolith of Phobos
Primus-Zauberbassist Les Claypool hat im umtriebigen Multiinstrumentalist Sean Lennon einen kongenialen Weirdo-Partner gefunden, um sich in abgespacte Sphären zu beamen – und mit The Monolith of Phobos ulkigerweise trotzendem bei einem seiner wohl zugänglichsten Alben seit Jahren zu landen.
Man kann es sich natürlich leicht machen und feststellen, dass Lennon die Bandbreite aus zerschossener Pop-Freakigkeit und harmonischem Avantgarde-Verständnis schon gentechnisch in die Wiege gelegt bekommen haben muss – und Schrullo-Virtuose Claypool von genau dieser ohrenschmeichelnden Abgeschossenheit mit Blick auf die eigene ausufernde Discografie wohl wie selbstverständlich fasziniert gewesen sein muss. Fakt ist jedenfalls: Bei einer gemeinsamen Tour von Primus und Lennons Experimental-Kombo Ghost of a Saber Tooth Tiger hat es kreativ unmittelbar zwischen den beiden polarisierenden Grenzgängern und Exzentrikern gefunkt, worauf The Monolith of Phobos in gerade einmal zwei Wochen in Claypools Haus in Nordkalifornien aus der Hüfte geschüttelt wurde.
Das ist nicht nur (natürlich alleine aufgrund Claypools auch nach Jahrzehnten immer noch unpackbar virtuos und unkonventionell auftrumpfendem Spiels am Tieftöner, dem der großartige Gitarrist und Tausendsassa Lennon in Sachen vertrackter Proggigkeit übrigens absolut nicht hilflos ausgeliefert ist) angesichts der technischen Finesse und abstrakten Komplexität der Songs erstaunlich – sondern vor allem auch in Hinsicht auf das hinter all der hirnwütig ausbrechenden Unberechenbarkeit doch erstaunlich griffig bleiben Songwritings. Auf The Monolith of Phobos wirkt es nun tatsächlich so, als hätte der so umtriebige Lennon als Mediator den kaum zu bändigen (und letztlich nicht immer restlos überzeugenden) Übermut von Claypool in schlüssige Bahnen gelenkt, ohne ihn dafür in seiner Schrägheit beschneiden zu müssen.
Hinter den mal herrlich skurril-unsinnigen und dann wieder zu dechiffrierenden Tongue in Cheek-Texten turnen so einige der besten Songs, die sowohl Claypool als auch Lennon in der jüngeren Vergangenheit vom Stapel gelassen haben. Der Titelsong windet sich etwa aus einer ambienten Klangcollage mitten hinein in ein mysteriös gackernden Prog-Kompetenzparadebeispiel mit epischer Märchen-Grundtextur und Pink Floyd’scher Weite, eine betörende Lauerstellung mit beunruhigender Schlagseite. Das zweiteilige Cricket and the Genie übernimmt direkt von Tame Impala den Zug zum 60s-Rock und hantiert mit flapsiger Absurdität, tackert dann entlang Lennons so sehr die Harmonien seines Vaters verfolgendem Organ entlang von federleichtem Metal und nach allen Seiten offenem Folk, der sich zum verselbstständigenden Chant aufbaut: Großes Nischenkino!
Boomerang Baby folgt hingegen dem Fokus auf Lennon und stellt dessen bluesige Skills in die Auslage, Claypool arbeitet angenehm songdienlich hinter dem halluzinierenden Jam, bevor die Nummer auf die letzten Meter zum Spacerock abhebt und das quäkende Breath of a Salesman hintennnach die Auslage wechselt. Das orientalisch hypnotisierende Captain Lariat: ein Trip in die Psychedelik, vorbei an unterbewussten Beatles-Refernzen und von der Leine gelassenem Impro-Fieber. Überhaupt findet man die DNA der Fab Four hier zwischen so vielen Lagen hier. Etwa wenn die luftige Experimental-Droge Ohmerica mit schamanenhaftem Zirkusclowngrinsen weiß „If we stop shopping the terrorist win.„, oder das dösende Dobro-Stück Bubbles Burst sich in melancholischen Nebel transzendiert. Das ungemein schmissig auf Claypools irre Basslicks gebaute, Zappa-eske Mr. Wright („So this what it would sound like if Jerry the racecar driver gave Sgt Peppers a ride!“ – besser kann man es nicht auf den Punkt bringen!) geht dann sogar als funky-jazzig gefrickelt-groover Hit durch, dem das flippig polternde Oxycontin Girl als Ohrwurm mit Tendenz zum Mäandern folgt. Auf direktestem Wege zum Ziel wollen die wenigsten Kompositionen hier. Die instrumentale Weisheit There’s No Underwear in Space driftet deswegen auch gleich vollends als fahrig-atmosphärisches Ambientstück ins Delirium. Ob da nun irgendwo doch der ultimative Zug zur Eingängigkeit fehlt oder der Exzess, bleibt da letztendlich die paradoxe Gretchenfrage auf einer bisweilen dezent unentschlossen Großtat.
Dass The Monolith of Phobos sich damit eben auch immer wieder auch eher noch wie eine Aufwärmrunde anfühlt und das überwältigende Potential der Kombination Lennon/Claypool eher fulminant anteasert als restlos ausschöpft, stellenweise zu unverbindlich um seine tollen Melodien und faszinierenden Ideen torkelt, seine Umtriebigkeit aber oft Segen und nur selten Limitierung gleichermaßen darstellt, daraus sollte man diesem erstaunlichem Debüt keinen Strick drehen. Viel eher befeuert es den Wunsch, so bald wie möglich Nachschub aus dem traumhaften Konstallations-Lager The Claypool Lennon Delirium zu bekommen.
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