The Body & Dis Fig – Orchards of a Futile Heaven

von am 20. März 2024 in Album

The Body & Dis Fig – Orchards of a Futile Heaven

Post Death Industrial, Power Drone Noise…und Ethereal Wave Pop? The Body bieten This Fig mit Orchards of a Futile Heaven eine Bühne, ziehen aber vor allem auch selbst gewinnende Erkenntnisse aus der fabelhaften Zusammenarbeit.

Wie so oft (nein, eigentlich ja richtiger: meistens!) besticht das Martyrium von Chip King und Lee Buford also einmal mehr im Kooperationsmodus deutlicher als im auf sich alleine gestellten The Body-Umgang.
Weil zum Einen die Wahl-Berlinerin und gefühlte Nischen-Geheimtipp-Sensation The Fig alias Felicia Chen durch den Scheinwerfer von The Body nicht nur auf dem hiesigen musikalischen Radar aufgetaucht ist (wo rückwirkend etwa auch die The Bug-Zusammenarbeit In Blue unmittelbar positive Eindrücke hinterlässt), sondern sie ihre elektronischen Synth-Experimente in der harschen Umgebung nun auch umso mitfühlender gedeihen lässt, was wiederum zum Anderen im direkten Umkehrschluss The Body selbst mit Vocals jenseits des spitz rufenden Geschreis (das so zwar immer noch vorhanden ist, aber sparsam dosiert wie ein gut balancierter stimmlicher Kontrast funktioniert) eine – Achtung, absolut relativ zu verstehen bitte! – vergleichsweise zugängliche Bekömmlichkeit und gar ansatzweise greifbare Schönheit beibringt.

Orchards of a Futile Heaven erzeugt seine Spannungen in der dunklen, düsteren Faszination dieser erstaunlich ideal harmonierenden ambivalenten Reibung über eine tiefgehende Atmosphäre so derart fesselnd, wechselwirkend gewinnbringend, dass, bis auf das nahtlos ineinander fließende finale Drittel der Platte, alle Etappen der gemeinsamen Dystopie sogar gerne noch länger, noch erschöpfender, ausgereizt hätten werden dürfen: das Potential der Konstellation This Fig und The Body erscheint schließlich beachtlich, auch wenn die aktuellen Grenzen streng genommen nur bedingt hinter dem Horizont von unabdingbaren Assoziationen wie Pharmakon oder Chelsea Wolfe provoziert werden und womöglich erst gemeinsame Live-Messen das kreative Fassungsvermögen der Partnerschaft adäquat umzusetzen versprechen.
Auch so ergibt die Synergie Orchards of a Futile Heaven jedoch ein rundes, erfüllendes Ganzes, dessen einzelne Facetten homogen aneinandergefügt mal subversiver, mal vordergründiger eine regelrechte spirituelle Katharsis am empfundenen Höllenschlund pflegen.

Eternal Hours wird von der Distortion in Zeitlupe verzerrt, Chens feiner Gesang stottert erst verführerisch einnehmend, findet dann sphärisch einnehmend in eine regelrecht meditative Spur und wird durch das monotone Geschrei von King konterkariert, fügt sich so aber noch besser in den alptraumhaften Ambient ein, beschwört eine melancholische Brutalität von hypnotischer Transzendenz. Wie Björk in einem Albtraum? To Walk a Higher Path pulsiert jedenfalls in einer ähnlichen Dynamik, hält wie wie  unter Narkose stehender Schmerz die Wiege aus aus ätherischer Anmut und unterschwelliger Aggressivität, wo Dissent, Shame andächtig träumend bittersüße chorale Wellen in ein ungemütlich postapokalyptisch bedrängendes Szenario gleiten lässt und sich als erster vehementer Klimax mit anachronistischem Retrofuturismus verdichtet.
Und nachdem der Titelsong eine ritualistische Verführung der The Body-Trademarks in ein leidenschaftliches Flehen darstellt, und die naturalistische Stille der Andacht Holy Lance mit mächtigen, geduldigen Eruptionen aufwartet, läuft Orchards of a Futile Heaven (bezeichnenderweise über die beiden längsten Nummern der Platte) endgültig zur Hochform auf.

Das fast zehnminütige, keine Sekunde Langeweile aufkommen lassende Coils of Kaa schlängelt sich in Trance pulsierend und This Fig singt, als wäre ihr Körper, tja, von The Body besessen, das Cinemascope wird immer imposanter und machtvoller, triumphiert auf einem schleppenden Drone-Metal-Plateau, wo Back to the Water die im gesamten Alben-Verlauf in einem Meer aus abstrakten Samples nur an neuralgischen Punkten einsetzenden Gitarren wie ein unangenehmes Narbengewebe hochhallen, eine schmerzhafte Ballade erbitten, einen sakralen Fiebertraum aus Feedback und Suspiria.
Es ist insofern nicht so, dass Orchards of a Futile Heaven den Eindruck einer Aufwärmübung hinterlassen würde – dafür ist das Narrativ zu komplett, die grundlegende Vision zu zwingend auf den Punkt gebracht, das Ergebnis zu intensiv. Wie aber bei den meisten The Body-Kooperationen bleibt jedoch der Eindruck, dass der Knopf in der jeweiligen Konstellation erst im zweiten Anlauf so richtig überwältigend aufgehen könnte.

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