The Black Keys – Let’s Rock

von am 3. Juli 2019 in Album

The Black Keys – Let’s Rock

Kaum haben sie sich von Danger Mouse losgesagt, läuft es (in künstlerischer Hinsicht) wieder für die Black Keys: Let’s Rock gelingt mit Brother’scher Kompaktheit der gepflegt weichgespülte Rock, an dem El Camino und vor allem Turn Blue noch substantiell scheiterten. Auch dank eines geschickt-manipulativen Kniffes.

Man darf sich nicht täuschen lassen: Das mittlerweile zehnte Studioalbum von Dan Auerbach und Patrick Carney ist keineswegs insofern selbstironisch betitelt, als dass die beiden Sandkastenfreunde aus Akron unterstreichen wollen würden, dass ihnen selbst die Unwiederbringlichkeit der ungeschliffenen Heydays bis inklusive Magic Potion natürlich nur zu bewusst ist.
Viel mehr zitiert man hinter dem assoziativen AC/DC-meets-Metallica-meets-Megadeth-Artwork Edmund Zagorski, der vor seiner Hinrichtung im November 2018 eben „Lets Rock!“ als seine letzten Worte auserkor.
Dennoch wagen die Black Keys mit ihrem ersten Album seit knapp fünf Jahren (und damit der längsten Pause ihrer Karriere) in gewisser Weise sehr wohl eine Rückbesinnung zu alten Tugenden, knüpfen an besseren Zeiten an: Let’s Rock verzichtet bis aus zwei (leider gefühltermaßen allgegenwärtige) Backgroundsängerinnen (Leisa Hans und Ashley Wilcoxson) auf jedwede Kollaboration. Carney und Auerbach haben sich auch endlich (!) von Danger Mouse am Produktionsstuhl verabschiedet, entsagen Keyboards und entschlacken den Bandsound weitestgehend auf klassische Rock-Instrumentierung, während das grundlegende Songwriting gitarrenorientierter simpler und entschlackter ausgefallen ist, aber natürlich mit üppigen (wenngleich unpompösen) Arrangements angereichert wurde. Eine hervorragende Entscheidung!

Zwar gibt es dabei im Gefüge (gerade zu Beginn und am klammernden Ende) immer noch allzu typische Nummer, die wie Stangenware für das Formatradio zurecht geschnitten sind und das Erbe von Lonely Boy und Co. verwalten müssen, eher auf unmittelbar abholende Unterhaltung ausgelegt sind, als emotional unverbindlich zu greifen.
In Shine a Little Light verführen so etwa Soul- und R&B-Muster ein generisches, aber kompakt-solides Riff, während Eagle Birds eher am Countryrock interessiert ist, vielleicht ein bisschen zu flott für den nächsten Barndance aufritt. Die Parade-Single Go wird schnittig gackernd mit seinen „Ohohoos“ auch im Stadion noch bodenständig-charmant daherkommen, während man den Shuffle von Fire Walk With Me einfach schon hundertmal von den Black Keys gehört zu haben meint – diesmal aber ist der Clou, dass man es ihnen nicht negativ vorwerfen will.
Selbst derart durchsichtig konstruierte Stücke sind nunmehr schließlich nicht mehr so aufdringlich und plakativ wie unter der Ägide von Danger Mouse, weswegen die Grundstimmung nun mit mehr Befugnissen für geschmackvolle kleine Riffs (Auerbach hat nach einem kaum erinnerungswürdigem zweiten Soloalbum oder einer Bagatelle mit den Arcs die Lust an der Gitarre zurückgeholt) wieder gefühlvoller und authentischer aufgeht, zusätzlich mit Bolan’schem Glitter überzogen und anachronistischem Hardrock-Sound auf den Saiten bratzt.
Auch wenn die poppige Platte gerade in ihren, nun ja, „härteren“ ausgelegten Momenten natürlich viel zu sauber und glatt ausgefallen ist, es innerhalb der Songs generell keine Überraschungen oder Entwicklungen gibt, sondern die Black Keys entlang konventioneller Strukturen eine Idee relativ vorhersehbar durchziehen, jede Nummer nahezu dort endet, wo sie begonnen hat, gelingt das auf einem durchgehenden Niveau stattfindende Material durchwegs solide und rund, lässt sich auch ohne wirkliche Highlights mit Gewicht angenehm zu konsumierend nebenher hören.

Kein Wunder also, dass potente Auskoppelungen wie Lo/Hi oder Under the Gun dann eben ziemlich erfolgreich einschlagen – zumal sich Let‘s Rock dabei auch noch geradezu stilvoll eines manipulativen Kniffes bedient, indem alte Klassiker (mal deutlicher, mal subtiler) kurzerhand nerdig im eigenen Songwriting zitiert werden und assoziative Beziehungen mit gezinkten Karten erzeugt werden: Let’s Rock suggeriert praktisch kurzerhand ein potentieller Evergreen zu sein, indem sich Lo/Hi beispielsweise klar an den Bluesrock-Standards von Spirit in the Sky mit ZZ Top-Vibe anlehnt oder 11 minimale Versatzstücke von Son of a Preacher Man anreißt.
Eine Gangart, die erstaunlich gut organisch und unbemüht funktioniert – am besten, wenn die Black Keys den Modus in das kultivierte Midtempo herunterfahren. Dann ist das auf einem Orgelteppich, entspannte Walk Across the Water im Grunde eine so sehnsüchtige wie friedliche Reminiszenz an Jeepster von T.Rex und Sit Around and Miss You die Verbeugung vor Stuck in the Middle with You aus einer Perspektive, als hätte Jonathan Wilson Creedence Clearwater Revival zärtlich erhebend mit schunkelnden Soft-Handclaps produziert, bevor die psychedelische Färbung der Electric Sitar in Breaking Down schmachtende Erinnerungen an Everytime You Go Away aufwärmt.
Ob rundum gelungene, slick-smarte Stücke wie das sommerliche Tell Me Lies (in dem locker geschlagene Saiten gar zur finalen Doppel-Lead führen), das locker-lässig bis in den gniedelnden Himmel flanierend Every Little Thing oder Get Yourself Together (eine schmissig angetauchte Americana-Variante, tanzbar, extrem catchy und gut gelaunt) auf ähnliche Weise ins allgemeine Kulturgut übergehen werden wie die eingeflochtenen Referenzen, sollte zwar nicht nur wegen einer mutmaßlich überschaubaren Halbwertszeit von Let’s Rock bezweifelt werden. Vorerst bremst aber primär nur die kantenlose Gefälligkeit eine mögliche Euphorie darüber ein, dass die Black Keys sich wieder in die richtige Richtung bewegen.

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