The Big Pink – Future This
Robbie Furze und Milo Cordell schrauben zum zweiten Mal kickende Clubmusik mit Mitteln des Indie Rock und semispektakulär maskiertem Wavepop zusammen. Das Ergebnis: handzahmer Rock aus der Konserve mit Hitpotential, dafür ohne Halbwertszeit.
Dass die Charts noch heftiger attackiert werden sollen, als es das vielgehypte Hitsammelsurium ‚A Brief History of Love‚ von 2009 nicht ohnedies schon tat, macht bereits die zum Opener auserkorene erste Single ‚Stay Gold‚ unmissverständlich klar: das Schlagzeug drückt schwer, die Synthies fiebern melodramatisch zur markanten von ‚Frere Jaques‚ geklauten Melodie – das fräst sich unnachgiebig in die Gehörgänge. Und in seiner repetetiven Penetranz gleichermaßen in die Nervenstränge. Darauf jedoch kann keine Rücksicht genommen werden, das unterstreicht der folgende Synthyrocker ‚Hit the Ground (Superman)‚ doppelt und fügt gleich hinzu: die Elektronik gewinnt auf ‚Future This‚ immer öfter die Oberhand, steht stellenweise gar alleine da und präsentiert The Big Pink mit bekannt unterkühlter Soundästhetik abermals als die nüchterne Alternative zu MGMT, nun jedoch auch als ideale Tourpartner der 80er affinen Tastenpopper von Hurts.
Die Crux an ‚Future This‘: The Big Pink glauben unbedingt daran, aufsehenerregende Epen für die Stadien dieser Welt geschrieben zu haben. Lassen dafür in ‚1313‚ die große Geste wie selbstverständlich walten und die Keyboards röhren. Die Gitarren schrammeln irgendwo unbemerkt im Hintergrund, gerade auffällig genug, dass irgendwer immer noch die Begriffe „Shoegaze„, Stone Roses oder The Verve in den Raum werfen kann ohne dafür verprügelt zu werden. Dafür suchen The Big Pink die dicken Beats im flächig-dichtem Sound und zerren halbgare Melodiebrocken an die Oberfläche, die bis zum Exzess zelebriert werden.
‚Future This‚ verachtet die Strophen seiner zehn Songs nicht selten als Mittel zum Zweck und erhebt die Refrains zu überbeanspruchten Podiumsherrschern. Im handzahmen Rocker ‚Jump Music‚ müssen die Gitarren heulen als kämen sie aus Manchester, die Beats pumpen und die Füße schlafen, während ‚Lose Your Mind‚ als Paradebeispiel für überbordende Melodramatik samt mittelprächtigem Gitarrensolo durchgeht und ein zielloser Melancholiker wie ‚77‚ als gelungenstes Beispiel für die angestrebte Erhabenheit im Dance-Rock wird. Was tun – mit Songs, die theoretisch die Tanzflächen dieser Erde mit Indiekids und Formatradiohörern gleichermaßen füllen sollten, sich aber als luftleere Schlaftabletten entpuppen deren wenige intensive Momente geradezu plump mit der Brechstange inszeniert wurden?
Die zwei Engländer Furze und Cordell haben sich auf Album Nummer Zwei auf simpel strukturierte, sich schnell abnutzende Gelegenheitsvergnügen spezialisiert, die sich zu schade sind, die stupiden Partyclowns zu machen und sich lieber als in Hochglanz funkelnder Showact mit aufgemalten Schweißflecken für die Upper Class inszeniert, die ihrerseits über die räudigen Rocker von der Straße staunen wollen. ‚Future This‚ versucht geschickt, unzureichende Ideen mit stilsicherem Auftreten und adäquater Ästhetik wettzumachen. Ein Zwiespalt, der das zweite The Big Pink Werk als oberflächlich inszenierte Belanglosigkeit dahinvegetieren lässt, in der theoretisch angedachte Hits zu praktisch gleichermaßen unspektakulär wie aufdringlich nebenher plätschernden Popsongs verkommen. Wohl als schicker Impulsgeber für das Genre gedacht, funktioniert ‚Future This‚ besser als Todesnachricht. Oder das potemkinsche Dorf als Waverock Album.
4/10
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