Taylor Swift – The Tortured Poets Department

von am 23. Mai 2024 in Album

Taylor Swift – The Tortured Poets Department

Harmloser Synthpop nach der risikofreien Midnights-Schablone, wahlweise gar als Doppelschlag: Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität (über)sättigt Taylor Swift mit The Tortured Poets Department.

Gemeinsam mit Jack Antonoff (der überwiegend den regulären, sehr gleichförmig keine kreative Reibung erzeugenden Teil von The Tortured Poets Department als Produzent betreut) und Aaron Dessner (der für viele Songs in der – ob der auslaugend trivialen ersten Hälfte interessanter scheinenden, folkigeren – zweiten Hälfte des als The Anthology zum Doppelalbum gemachten Gesamtwerks verantwortlich zeichnet) thematisiert Swift im Zuge ihrer keineswegs an CO2-Emissionen und Superlativen sparenden Eras Tour inhaltlich immer wieder das eigene Bild der Öffentlichkeit auf die 34 jährige als wohl größten Popstar dieser Tage. Sie bäumt sich nicht nur in Who’s Afraid of Little Old Me? auf die Hinterbeine gestellt gegen dieses aus – symptomatisch bleibt ihre Musik aber auch dabei so zahn- und belanglos, dass es etwaigen Kritikern nicht den Wind aus den Segeln nehmen wird.

I have listened to Taylor Swift’s album,erzählte Pet Shop Boy Neil Tennant unlängst und bringt in weiterer Folge einen Sachverhalt exzellent auf den Punkt, den man so nicht besser formulieren kann: „Taylor Swift sort of fascinates me as a phenomenon because she’s so popular and I sort of quite like the whole thing. But then when I listen to the records, and we both have the same feeling actually, that for a phenomenon as big [as she is] … where are the famous songs? What is Taylor Swift’s ‘Billie Jean’? Shake It Off?! Is it though? No, ’cause I actually even know that that’s the answer, but I listened to that the other day, and it’s not ‘Billie Jean.’ It’s not… Melodically — she’s got a great voice, by the way, and the production’s beautiful — but melodically … it’s all sung one or two notes going up and down… But, anyway, it’s a fascinating thing.

Wirklich faszinierend ist der minimalistisch gehaltene Synthpop von Swift eigentlich zwar nicht, aber – während schon klar ist, inwiefern Songs wie das regressive But Daddy I Love Him das bittersüße Versprechen einer melancholischen Aufbruchstimmung für tausende Teenage-Herzen gar nicht mal so unauthetisch in sich trägt, als konsequenzlose Rebellion aber letztendlich auch nur kitschiges Wohlwollen ohne jedwedes Konfrontationpotential wählen – durchaus angenehm nebenbei zu hören. So gefällig und kantenlos nach einem risikofreien Formelheft packt Swift da schließlich Variationen der immer selben Melodien in eindruckslos entlassende Midtempo-Nummern, von denen rein instrumental gesehen praktisch gar nichts hängen bleibt.
Zwar gibt es mal ein Piano hier (loml) oder eine Gitarre da (wie im fast schummrig Sumpf-Blues-Ideen assimilierenden I Can Fix Him (No Really I Can) oder dem kammermusikalisch betupftes The Albatross), konkrete Ideen stechen im Songwriting an der Grenze zur berieselnden Langeweile taumelnd nie hervor, doch die atmosphärische Ästhetik ist nett. Und egal.

Fortnight rückt einen komplett blassen Besuch von Post Malone mit Chromatics-Flair in den Hintergrund, wo Florence & The Machine in Florida!!! schon mehr individuellen Punch zeigen können. Das funkelnde Titelstück scheitert am Vorbild Lana und My Boy Only Breaks His Favorite Toys bekommt durch den düstereren Wave-Sound etwas mehr Tiefe, während der harmonische A Capella-Start von So Long, London seine pumpenden Club-Ambitionen in Watte und einen 08/15-Baukasten münden lässt – Chloe or Sam or Sophia or Marcus ist da stellvertretend jedoch noch typischer genormt eine leisetretende Dessner-Nummer, die seit Folklore schon unzählige Male deckungsgleich von dem Duo aufgelegt wurde, und mittlerweile so inflationär abgespult wie von einem Fahrstuhl-Muzak-Autopilot generiert zu sein scheint. Ähnlich verhält es sich mit dem orchestral ausgeschmückten synthetische The National-Drama The Smallest Man Who Ever Lived.
I Can Do It With a Broken Heart traut sich als Unendliche Geschichte sogar ein wenig mehr 80er-Hibbeligkeit zu und So High School forciert die Alt Pop-Griffigkeit durchaus gelungen, letztendlich verschiebt Swift die Blaupause aber nur marginal im erprobten Wohlfühlbereich. Das ist cheesy, tut aber eigentlich niemandem weh. Im guten, wie im schlechten.
Dass die meisten Songs dort für sich genommen zu lang ausgefallen sind und sich stellenweise gar wie Kaugummi ziehen, summiert sich am Stück gehört leider allerdings auch: Das niemals nach gequälter Poesie, sondern eher banaler Komfortzone klingende The Tortured Poets Department ist niemals wirklich schlecht, aber schon in der normalen Version zu lang und verliert sein Potential über eine Spielzeit von 122 Minuten erst recht – ein bisschen so, als würde man maßlos zu viel Weichspüler in die Maschine kippen.

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