Tame Impala – Lonerism
Schöne neue Psychedelik: Tame Impala nehmen ein auf Nummer sicher gehendes Zweitwerk auf und machen damit nicht unbedingt alles besser als bisher, aber immer noch nahezu alles richtig bei dieser trippigen Popwundertüte.
Mit ‚Feels Like We Only Go Backwards‚ bringen Tame Impala den einzig ansatzweise nennenswerten Gefühlsunterschied zu ‚Innerspeaker‚ dann auch gleich selbst am besten auf den Punkt: die Reise führt diesmal noch einen Tick weiter zurück als auf dem bemerkenswert erfolgreichen Debütalbum. Anders gesagt formulieren die Australier schlicht den 60er Jahre Popappeal in ihrem angepassten 70er Psychedelik-Rock noch stärker aus, gehen geradezu protzen mit ihrer Sehnsucht nach den drogenerhangenen Melodien und Harmonien der Beatles, die hier mehr als alle anderen noch als Paten für den anachronistischen Genretribut parat gestanden haben, die LSD-Pfeife John Lennon zu Ehren kreisen lassen und dabei die Zügel doch immer stramm genug halten, um nicht vollends abzudriften.
Ansonsten bleibt für Tame Impala ‚Lonerism‚ alles beim alten. Die Band aus Perth ist abseits der Bühne immer noch nur Mastermind Kevin Parker, der den gurgelnden Unter-Wasser-Bass, die leichtfüßig bratzenden Riffs, das wattierte Schlagzeug und all das nebelgefluteten Drumherum in der melancholischen Schönheit bis auf einige Ausflüge nach Paris wieder selbstpersönlich auf eigene Faust in seinem Heimatstudio besorgt hat, nur Dave Friedmann abermals in die Produktion einbezogen hat, weil der Mercury Rev und The Flaming Lips erprobte Veteran den nach allen Seiten offenen und trotzdem zupacken könnenden Klang einfach drauf hat und den zahlreichen Ohrwürmer so ein zusätzliches Leuchten in die Augen zimmert. Und gerade von denen hat ‚Lonerism‚ zahlreiche in petto.
Da ist es dann auch wenig tragisch, dass das Zweitwerk von Tame Impala dabei zu keinem Zeitpunkt so überraschend wird, wie ‚Elefant‚, diese schwer rollende Melange aus Queens of the Stone Age im Freak-Modus oder T.Rex und Black Mountain in gemeinsamer Trance, vor allem wegen mit seinem futuristisch zurückgelehnten, epischen Gitarrenkreisen vor dumpfen Neonschildern das vorab angekündigt hat, weil sich rundum nur Songs tummeln, die sich ihrer Stärken ebenso bewusst sind, wie ihres Endzwecks: ‚Be Above It‚ hetzt wie vieles hier seinen Rhythmus zu den eigentlich grundfriedlich im Hall schwelgenden Melodien, ‚Why Won’t They Talk To Me?‚ ist ein großer Popentwurf auf dem Weg durch unendliche Outback-Welten mit glasklaren Sternen über dem Highway, die anhängliche Hochzeit aus Space Rock und Psychedelic-Folk in ‚Feels Like We Only Go Backwards‚ hat mächtig glückseligen Soul inhaliert und zementiert die Erkenntnis, dass die besten Songs hier geradezu überragende sind und allesamt im Mittelteil geparkt wurden.
‚Mind Mischief‚ loopt das Geschehen um sich selbst drehend, wie sich alles hier um handzahme Visionen aus Rausch und Zuckerwatte drehen, die rockigen Kanten werden hippiesk über mehrere Ecken abgeschliffen, ein Kater ist trotz niemals enden wollendem Groove keiner zu befürchten. ‚Lonerism‚ ist das friedliche Indierock Flashback des natürlich klar besseren ‚Innerspeaker‚ geworden, allerdings mit zahlreichen neuen Hits und potentiellen neuen Lieblingssongs. So stemmt Kevin Parker die Erwartungshaltungen auch ohne sich nach Innovationen den Kopf zu verdrehen. Dass ‚Lonerism‚ in seinen nonchalant forcierten Höhenflügen ein wenig auf den Tiefgang verzichtet, vergisst man schnell, wenn sich dunkle Herbsttage in flirrende Strandspaziergänge zu verwandeln beginnen. Auch so etwas, das auf ‚Lonerism‚ spontan vor dem inneren Auge ohne viel Zutun entsteht, wie vieles hier gut sortiert frei gedeihen will und darf. Oder wie Tame Impala das gen Ende auch wieder auf den Punkt bringen: ‚Nothing That Has Happened So Far Has Been Anything We Could Control‚.
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