Superheaven – Jar
Daylight heißen nun Superheaven. Ansonsten bleibt für die Band mit dem Gespür für miese Bandnamen auch unter dem neuen Banner alles beim Alten – und die Neuauflage des bereits 2013 erschienene Debütalbum ‚Jar‚ auch knapp 17 Monate nach seiner Erstveröffentlichung immer noch so überzeugend wie am ersten Tag.
Dass die Vergleiche ob der stilistischen Ähnlichkeiten unvermeidbar sein würden, war eventuell auch dem Quartett aus Pennsylvania bewusst, nachdem es im Dezember 2012 vom Allround-Szeneguru Will Yip (Hostage Calm, La Dispute, Tigers Jaw, Title Fight) aus dem Studio entlassen wurde – warum also nicht in die Vollen gehen und den Schriftzug der Platte samt Albumtitel (der natürlich in Wirklichkeit nichts mit ‚Jar of Flies‚ zu tun hat) als charmante Verbeugung zulassen?
Ja, Superheaven sind mutmaßlich unter anderem erklärte Anhänger von Alice in Chains, spielen ihren anachronistischen Alternative Rock schon im mit hymnischen Gitarrenlinien zupackenden Opener ‚Sponge‚ oder der massiven (‚In the Meantime‚-verehrenden) Sportskanono ‚Life in a Jar‚ dann auch folgerichtig mit so hart nach unten gestimmten Gitarren und einer derart heavy drückenden Grundmelancholie, dass es durchaus legitim ist da bemühte Schubladen wie Neo-Grunge aufzumachen: Superheaven speisen ihren Sound durch und durch aus der Vermächtnis von Shiner, Silverchair, Failure oder Hum. Wahrlich nicht die schlechtesten Referenzen.
Der Seiltanz führt dabei über Schluchten aus aufbäumender Wuchtigkeit und verletzlich in sich gehender Resignation: „It’s useless/I tried but to no avail/ To tell you how much I know/ How much I care/ Come home“ appelliert Sänger Taylor Madison an seine jüngere Schwester in ‚Youngest Daughter‚ und lehnt sein weiträumiges Riff an Incubus‚ ‚Wish You Were Here‚ an, während Superheaven darumherum ein Flair entfalten, dass daran erinnert, warum Alternative Rock nicht immer einen konstruierten Formatradiogeschmack haben musste. „I don’t want to be like that“ skandiert Madison gleich darauf und macht aus ‚Knew‚ kurzerhand einen 80 sekündigen, superkompakt und straight nach vorne gehenden College-Rock-Ohrwurm. Letztendlich der bessere von zwei aus dem Rahmen fallenden, nichtsdestotrotz stimmigen Ausreißern – die dezent lahmende Ballade ‚Hole in the Ground‚ hinterlässt dagegen im Gesamtgefüge einen unangenehm plakativen Eindruck. „Follow me down, down into a hole in the ground/I dug it just for you, exactly how you wanted me to“ singt der ansonsten gerne ins nölende abgleitende Madison, kanalisiert den Verlust seines Stiefvaters stimmlich mit einer merkwürdig distanzierten Egalität und mit der Brechstange zum Reim gepeitschten Blaupause-Texten, während Yipp der Band allzu tranige Streicher für den Hintergrund glücklicherweise ausreden konnte.
Der vermeintliche Rückzugspunkt der Platte bleibt durch sein banales und unspannendes Songwriting allerdings der einzige, durchaus verschmerzbare Ausfall von ‚Jar‚ – vordergründig jedoch alleine deswegen, weil Superheaven hier die ungeschminkte Authentizität verlieren, die sie ansonsten so stilecht und abseits jeglichen angestaubten Recycling-Beigeschmacks aus der Zeitkaspel holen. Drumherum beweisen die Amerikaner nämlich stets das nötige Quäntchen Geschmack und Trittsicherheit, um sich ohne weitere Verwirrungen auf ihrem absolut unnostalgischen Trip durch die frühen 10990er zu bewegen. Sie hantieren dabei immer wieder mit der Rohheit des Ur-Emocore, verpacken ihr Riffing mit knackigem Zug zum Amalgam-Tor aus Post Hardcore und Hardrock, schrauben mit angenehm kantigem Drive und wohlkomponierter Dynamik an Variationen dicker Midtempo-Bretter. Wie sie da ihre bisweilen ins Pessimistische kenternde Nachdenklichkeit mit einem beherzten Händchen für sich niemals anbiedernde Ohrwürmer (‚In On It‚, ‚Outside of Me‚, ‚Sheltered‚) zelebrieren, die Zügel lose halten und gleichzeitig unerbittlich antreiben (‚Last October‚) oder eine immanenten Dringlichkeit mit zur Faust geballlten Schönheit ausstatten (‚Crawl‚), das hat – vollkommen egal unter welchem Namen die Truppe nun veröffentlicht und dass Über/Wieder-Lebende Originale wie Alice in Chains selbst das immer noch eine Stufe imposanter hinbekommen – schlichtweg große Klasse.
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