Sunrise Patriot Motion – Black Fellflower Stream

Die Yellow Eyes-Brüder Will und Sam Skarstad (guitar) verschmelzen mit Sänger Andrew Chugg als Sunrise Patriot Motion auf Black Fellflower Stream Elemente des Gothic Rock, Post Punk, Wave und Black Metal zu einer ziemlich grandiosen Melange.
Der auf den ersten Blick sehr eigenwillige eklektische Mix des New Yorker Trios funktioniert letztendlich aber nicht nur ästhetisch erstaunlich schlüssig, sondern wirkt auch wie ein Katalysator für das Songwriting: Man bedient sich offenkundiger Signaturen der jeweilig eingespeisten Genres, ohne dabei aber Gefahr zu laufen Klischees zu bedienen oder groteske Spagate machen zu müssen, kultiviert melancholisch Melodien mit nihilistischer Schlagseite, und eine nostalgisch-entrückte Atmosphäre: Black Fellflower Stream fließt natürlich ineinander, die Essenzen harmonieren und lassen doch genügend Reibungsfläche über.
In Sunrise Labyrinthian folgt das getragene Tempo so einer düsteren, sehnsüchtig hymnischen Gitarre, man darf an Sisters of Mercy und Lamp of Murmuur gleichermaßen denken, an The Jesus and Mary Chain oder Suicide. Das hallende, aber prägnante Geschrei hat eine verzweifelte Psychose, während der Song über dem Drumcomputer in seiner 80er-Atmosphäre zu baden beginnt, zu The Cure und The The sinniert, weil der Black Metal hier nicht zwangsläufig Blastbeats und Corpsepaint bedeutet, sondern verträumte Verzweiflung oder sphärische Wut.
Was schon auch als Einladung zu verstehen ist. Warp of the Window stampft zu pluckernden Synthies, als müsste man das Rammstein-Stadion mit latenter Lo-Fi-Tanzbarkeit nachzeichnen, ohne die eigenen Dämonen auszuschließen – quasi Bloc Party aus der Retroperspektive von Deafheaven und Killing Joke? Jedenfalls catchy und trotzdem mit subversiv destruktivem Vibe ausgestattet, konventionell strukturiert, aber im Beigeschmack hässlich brüskierend. Oil Dream Field bremst sich sogar komplett zur elegischen Nachdenklichkeit aus, kocht dann progressiv auf, lässt straight nach vorne gehend Dampf ab und landet Hals über Kopf in der 16-Bit-Modulations-Trance. I Search for Gasoline zieht eine beschwörende Theatralik so sinister aus der Vergangenheit, pflegt seine giftige Aggression, als wären Merchandise durch Chat Pile korrumpiert worden, derweil archetypische Tremolo-Gitarren wie vage Schraffuren in die melodramatische Wogen eingeflochten werden.
Nach dem leicht beklemmend meditierenden, ebenso erlösend wie unheilvoll wirkenden Interlude Antigleam wirkt My Father’s Christian Humidor noch locker und luftig aus der Hüfte kommend, ja wie richtiger Pop gar, der als Wagnis dahingehend tändelt, wie viel verdauliche Grandezza und funkelnde Gefälligkeit Black Fellflower Stream tatsächlich verträgt: auf abseitige Weise jedenfalls so einiges.
Denn nachdem Cruel Is the Joke als dystopisches Wechselspiel aus einem sich selbst verdauenden Groove und bedachtem Loslassen geworden ist, poltert das nächste Zwischenspiel Sweet Severence Armor abgedämpft mystisch zu Secret of Mana und der Stimmung von Robert Smith, transzendentiert hypnotische Field Recordings eines Flughafens unter dem Meer, bevor das kontemplative Drippings of God nachdenklich erst eine harsch rockende, breitbeinige Vorliebe für den Thrash ohne Speed-Sucht zeigt, um dann absolut versöhnlich, irgendwo gar geschmeidig aus kurzweiligen 33 Minuten zu entlassen, dabei aber durchaus klare Fronten auf der Blumenwiese zu ziehen: Sunrise Patriot Motion mögen ein anziehend breites Spektrum zeigen – bieten dabei aber nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner als banalen Konsens an.
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