Sun Kil Moon – One Day in May
Mark Kozelek kehrt für die EP One Day In May leider zu Gepflogenheiten zurück, die er sich rund um das Sun Kil Moon-Comeback Quiet Beach House Nights abgewöhnt zu haben schien.
Also zu elendslangen Spoken Word-Litaneien aus dem Stream of Consciousness, mäandernd und selbstgefällig – was im Falle des über knapp 14 Minuten gehenden Titelstücks zu einer echten Geduldsprobe werden kann, wenn Kozelek eine eine schöne Melodie auf der Gitarre ohne Unterlass repetiert. Ein paar verhalten trillierende Chor-Ansätze streuen den Titel hin und wieder als Hook ein, ein paar Texturen aus Summen und Pfeifen und Harmonie-Ahnungen geistern umher – bis die letzten 50 Sekunden von One Day in May plötzlich wie ein fehlerhaft eingefügter anderer Song komplett wirklich in die digitale Version platzen.
Kozelek lamentiert dazu Geschichten über die Wahrnehmung von Amokläufen, schwadroniert über Filme (wie Meet the Fockers oder Wedding Crashers), diskutiert (weil immer wieder gesampelte Sätze von „Gesprächspartnern“ als Stichwortgeber holprig eingefügt werden) über Rapper und seine Ehrerbietung für Kendrick und Tupac, über das posthume Nachwirken von Bowie oder den Tod von John Prine. Er deklariert sich als „professional speaker“, als „professional singer“ und als „lyricist“, dessen Output bereits mit jenem von James Joyce verglichen wurde.
„Recorded at Hyde Street Studios May 2022 Music by Mark Kozelek, Vocals by Mark Kozelek and Mary Graham, Additional vocals by Nathan, Forrest, Lisa, Johannas, Jessica, and Mark’s dad.“ steht da als Zusatzinfo über einen Song, der durchaus seine interessanten Facetten hat und zumindest ansatzweise auch fesseln kann – gerade über seine volle Länge zerrt der monotone Vortrag aber auch langweilend an den Nerven. Und vor allem: emotional lässt er ziemlich kalt.
Black Sheep macht seine Sache danach schon besser, wenngleich eigentlich als kompaktere, griffiger angelegte Variante von One Day on May. Musikalisch pendelt Kozelek mit vage unterschwellig angedeuteter sinistrer Beklemmung, die lautmalerischen Harmonien tändeln spielerisch um eine verdächtige Spannung – und er verfällt dazu zumindest in einen leichten Singsang, wenn er popkulturelle Verweise (u.a. Deliverance und Mark Lanegan) ausspricht. Eintönig ist das immer noch, aber auch irgendwie hypnotisch.
Kurz vor Ende der knapp 9 Minuten Spielzeit folgt noch eine Erörterung des Titels und Kozelek verlagert den Song in liebevolle Sehnsucht nach Caroline (was bei ihm jedoch ja immer etwas egozentrisches hat). Gut!
Im gerade einmal sportliche 4 Minuten vermessenden Yellow Jessamine sinnieren die verstärkten Gitarren dann in plingender Indie-Stimmung und schöner 80er-Atmosphäre, melancholisch ruhig und mit einem gegen den Strich abbremsend träumenden Refrain irritierend. Auch gelungen!
Womit sich eine ambivalente EP dann in Summe (zumindest wohlwollend) betrachtet doch noch über die mediokre Enttäuschung ins polarisierende Mittelmaß (und vielleicht sogar darüber hinaus) rettet. Für ein Aufrunden zwischen den Punkten reicht es Wertungstechnisch dennoch nicht – wie oft man zukünftig Lust haben wird, diese Halbe Stunde aktiv konsumierend auszusitzen, bewegt sich wohl eher in einem überschaubaren Rahmen.
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