Sun Kil Moon and Amoeba – Sun Kil Moon and Amoeba

von am 21. September 2024 in Album

Sun Kil Moon and Amoeba – Sun Kil Moon and Amoeba

Wie seit rund zwei Jahren implizit versprochen, bietet die ungarische Band Amoeba Mark Kozelek die Möglichkeit, das beste Sun Kil Moon-Album seit langer Zeit aufzunehmen.

Darauf deutete offenbar ja schon ein Jahr vor dem 2023 beschließenden Lounge-Hit Mindy die abseits beinahe jeglicher Wahrnehmung veröffentlichte Single Hungarian Lullaby hin, welche, von einem pointierten Basslauf gezogen, so eilig entspannt eine innere Getriebenheit zum Flamenco fließen ließ, um mit einer catchy Hook einen kleinen Ohrwurm anzubieten.
Dass Kozelek dabei nicht jeden Augenblick der Nummer mit seinen Tagebucheintrag-Wahrnehmung zutextet, sondern der Musik auch Raum gibt, um sich zu entfalten, ist ebenso wie die zugängliche Easy Listening-Eingängigkeit der Ästhetik auf willkommene Weise exemplarisch für das Material der Kooperation.

Dass der seit 2020 aus dem Feuilleton verschwundene Amerikaner das Rampenlicht bis zu einem Grad zu teilen bereit ist, soll gleich M7 demonstrieren. Dort entspannt sich Kozelek vor dem markantem Schlagzeugspiel und tragendem Klavier im jazzigen Ambiente von Amoeba, geht als Tourist Schokolade kaufen oder telefonieren – und stellt seine musikalischen Katalysatoren, die seiner eigenen Einschätzung folgend nach Motown klingen, artig vor. Bencze Molnar, Levente Boros, Peter Sabak und Viktor Sagi ziehen den smoothen Groove daraufhin zur Mitte hin an, kehren aber als absolute Experten in Sachen zweckdienlicher Backingband schnörkellos zur Bühne für Kozelek zurück, der unter diesen Umständen auch wirklich wieder geschmeidig zu singen versucht. Er fabuliert von Chick Corea und dem Mahavishnu Orchestra, findet die ideale Chemie mit dem so gelöst agierenden ungarischen Quartett durch die Erkenntnis, dass alle Beteiligten im Reinen mit sich selbst seien, wenn sie musizieren.

So selbstverständlich wie M7 dann an seinem Ende einen runden Abschluss anstelle der naheliegender Option des billigen Fade Out wählt, kümmert sich die Band in weiterer Folge des Albums auch ganz allgemein um eine kurzweilige, variable Dynamik, ein rundes Sequencing und eine generell ausgewogenere Präsenz ihres Quasi-Frontmannes.
In überraschend zügigen Today rezitiert Kozelek den Text etwa rasch – in kurzen Momenten darf man das Reden wohl auch als Sprechgesang oder Rap interpretieren – und die Gitarre pointiert dabei hibbelig vor der unermüdlichen Rhythmussektion. Acacia Tree gibt sich direkt danach umso relaxter, wandert durch die Stadt und ruft Caroline an, nennt ein paar popkulturelle Referenzen und könnte textlich sicherlich fast als Selbstpersiflage auf typische Kozelek-Klischees durchgehen, wenn die Musik dabei nicht derart viel nuanciertes Gefühl und Spielfreude an den Tag legen würde, um stets mehr als nur Begleitung-Erscheinung zu sein.

Im funky daherkommenden, mit retrofuturistischen Synthies arbeitenden Flying Into Stockholm (mehr oder minder vor allem ein plakativer Liebesbrief an die Schweden) entwickeln Amoeba über acht Minuten dagegen einen fast traumwandelnd hypnotisierenden Sog im grundlegend repetitiven, aber nicht monotonen Plätschern. Alles wirkt frisch, akzentuiert und kompakt.
Auch würde die Band mit der Nummer ästhetisch eigentlich bereits ideal den Rahmen der Platte schließen. Das folgende Cat Ladies klingt in seiner schön harmonisch angelegten Gangart nämlich eher wie ein redundanter, minimal deplatzierter Epilog. Allerdings soll Kozelek eben doch das letzte Wort haben, indem er sich durch das Schauen einer Serie daran erinnert, wie beschäftigt er während seiner Karriere-Heydays um 2015 herum doch war.
Was Sun Kil Moon and Amoeba durchaus irritierend verabschiedet – naheliegender ist nämlich, sich ob einer etwaigen weiteren Zusammenarbeit der Parteien extrem zuversichtlich ob der musikalischen Zukunft von Kozelek zu zeigen.

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