Sugar Horse – Waterloo Teeth
Sugar Horse laden nach der Single Pictures of Dogs Having Sex einen Haufen Kumpels – u.a. von Idles, The St. Pierre Snake Invasion, Conjurer oder Vennart – für die Kooperations-EP Waterloo Teeth ein.
Mike Vennart trug mit seinen Lobpreisungen vor einigen Jahren ja maßgeblich dazu bei, dass man auf die Band aus Bristol aufmerksam werden konnte, nun mischt der ehemalige Oceansize-Vorstand und Biffy Clyro-Tourgitarrist auf dem Schlussstück des The Live Long After nachfolgenden Kurzformats Waterloo Teeth direkt mit: Super Army Soldiers („A pretty one to round it all off.„) hat außerdem Adam Devonshire (Idles, Lead Bass) und Connie Matthews (Wych Elm, Vocals) auf der Gästeliste, um eine postrockige Perspektive auf The Cure zu kreieren, die unter der Wasseroberfläche treibend nachdenklich in den Himmel sinniert. Vennart entfesselt eine grandios schwerelose Gitarre, die aber ohne Anstrengung und im Gefüge bleibt, um eine Cocteau Twins-artigen Dream Pop-Annäherung epochal zu erheben: Was sind das nur für Momente hymnischer Schönheit, die Sugar Horse in ihrem unberechenbaren, um abrupte Wendungen selten verlegenen Genre-Ringelspiel da wieder zaubern?
Der Rest der – auf einen übergeordneten Spannungsbogen verzichtenden, im homogenen Sound klar ein sprunghaftes Song-Kaleidoskop forcierenden – EP bereitet auf ähnlichem Niveau auf das überragende Finale vor.
Disco Loadout („This song is more of a comedic idea, than it is actual music. This song is all about rhythm, so the guitar and bass parts are either playing all open strings at once, or muting every string at once. On top of that all strings were tuned to entirely random notes, so it’s just complete dissonance. The title comes from playing a show just before a clubnight is about to begin and how quickly you have to remove all your gear from the stage.“ – oder: „Us doing doing grindcore…with cellos„) provoziert mit Deb Gough (Heriot, Vocals), Damien Sayell (Mclusky, Vocals) und Matt Loveridge (MCLX, Cellos) eine radikales Wechselspiel der Kontraste: ein knarzendes Knacken platzt unvermittelt in eine aggressive polternde, brüllende Attacke auf und dreht das Ventil wieder zu, schreit sich in Stakkato-Schüben vor der Rückkoppelungen der Verstärker am (Post) Hardcore und Noiserock wund – ein gefühltes Intro, zumal das ausführlicher gehaltene nachfolgende Material weitaus durchdachter und schlichtweg größer agiert.
Der Titelsong („Big drone bastard about the joys of getting old.„) – mit: Dave Larkin (Fretless Bass & Beef Bass) und Will Gardner (Saxophone) von Black Peas sowie Lonely Tourist-Stimme Paul Tierney – beginnt atmosphärisch ruhig, döst mit seinem geborgten Blasinstrument über verträumte Ambient-Schwaden mit jazziger Attitüde, pocht später im gedämpften Pulsieren. Mit dem hallenden Gesang wirkt die Nummer beinahe, als hätten Thursday im Goth-Modus This Mortal Coil als Ethereal Wave mit progressiven Rhythmus und in der Gemeinschaft ausgelegten Refrain interpretiert, oder als würden Manchester Orchestra in Postrock gedeihen – und dort irgendwann die wütenden Daumenschrauben der Katharsis andrehen, um mit einem fast doomigen Stoizismus keifend zu walzen. Sugar Horse-Nummern enden eben selten dort, wie sie begonnen haben.
Manchmal aber doch, zumindest gewissermaßen. Guttet („Just noise and screaming….with some proper singing in the middle„) ist wieder so ein Ringen aus relativer Zurücknahme und lärmend hinausgeschriener Muskelanspannung, das die monströs finstere Wand zum Monolithen aufbaut. Das mutet erst wie kultischer Mathcore zwischen Converge oder Botch an, revidiert aber plötzlich wie eine irrige Fantasie zu einem bittersüßen, engelsgleichen weiblichen Gesang den Sugar Horse als Steilvorlage für eine Passage nehmen, in der sie klingen wie aktuelle Ulver (alleine der Melodiebogen der Stimme!), wenn diese anstelle des Elektropops eine zugänglichere Alternative zu Kayo Dot als Ziel gewählt hätten, wo nun pastorale erhebende Chöre sakral schwelgen…bis sich der Kreis zu schleusen beginnt, die Aussichten brutaler werden, und sich der Song wieder zum einem wütenden Taifun der Anfangsphase aufschwingt, nun zu einem postmetallischen Mahlstrom mutiert. Mit Kate Davies (Pupil Slicer, Vocals), dem Conjurer-Trio Dan Nightingale (Vocals/Guitar), Brady Deeprose (Vocals/Guitar) und Conor Marshall (Vocals/Guitar) sowie Nuala Honan (Vocals) ist das englische Quartett jedenfalls ein noch impulsiver Katalysator als sonst schon. Dass man sich auch hier wünscht, dass Sugar Horse die verschiedenen Phasen ihre Songs ein bisschen runder verbinden und das große Ganze schlüssiger im Auge behalten – schon richtig; aber angesichts dieser Ergebnisse dann auch irgendwo leicht zu verschmerzen.
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