Sufjan Stevens – Meditations
The Five Stages of Grieve als instrumentale Ambient-Odyssee: Meditations ist der erste Part der letztendlich 49 Songs umfassend werdenden, fünfteiligen Albenserie Convocations, auf der Sufjan Stevens den Tod seines leiblichen Vaters musikalisch verarbeitet.
„Indeed, Convocations moves like a two-and-a-half-hour requiem mass for our present times of difficulty, its 49 tracks allowing for all these feelings to be felt. The album is divided into five sonic cycles, each replicating a different stage of mourning. Convocations occasionally soothes and sometimes hurts; when it’s done, you’re left with a renewed sense of wonder for being here at all.“ nimmt der Musiker vorweg, blickt aber vor allem reflektierend zurück: „In fact, Stevens made Convocations in response to (and as an homage to) the life and death of his biological father, who died in September last year, two days following the release of The Ascension. It is, then, ultimately an album about loss, and an album that reflects a year in which we have all lost so much.“
Schon ungehört lässt ein solcher konzeptioneller Zyklus aufgrund der Beschaffenheit vage an Everywhere at the End of Time von The Caretaker denken und nimmt thematisch wohl auch wirklich einen Platz in der Nähe von Carrie & Lowell (2015) ein, lässt im Hinterkopf aber auch nicht vergessen, dass Stevens und seine Ausflüge in instrumentale Ambient und New Age-Gefilde von etwa Planetarium bis Aporia dann in qualitativer Hinsicht bisher doch auch ein ziemliches Roulette darstellten.
Meditations gehört insofern allerdings klar zum bisher besten, was Sufjan Stevens in dieser stilistischen Auslage geschaffen hat – instinktiv und emotional berührend, imaginativ und atmosphärisch, sorgt dafür in erster Linie der starke Einstieg in eine tiefenwirksam produzierte, wenngleich das Genre freilich zu keiner Sekunde auch nur ansatzweise innovativ neu erfindenden Platte.
Meditation I wird so subversiv von einer erhebenden Melancholie, Melodie und Schönheit durchflutet, warm und weich, wie sanft streichelndes Sonnenlicht. Traurig tröstend wirkt dies wie eine hoffnungsvolle Alternative zu William Basinski, während Stevens selbst Morton Subotnick, Maryanne Amacher, Christian Fennesz, Brian Eno oder Wolfgang Voigt als Referenzpunkte nennt. Das ruhige Meditation II fließt dort jedenfalls kaum weniger gelungen weiter, sphärisch und hell, elegisch und choral erscheinend, bevor Meditation III ein bisschen spröder schattiert mit orchestraler Patina liebäugelt, auch abgründiger sinnierend in Score-Gefilden für das Unterbewustsein agiert. Meditation IV ist ein behutsamer Wellengang zwischen den oszillierenden Tasten und Part IV taucht weiter in das avantgardistische Reich: die Stimmung des Albums wird mittlerweile merklich beklemmender, durch die rhythmischen Wellengänge in Meditation VI bauen sich Spannungen auf, die Aura wird beunruhigender, der Ton weniger leicht. Aufgrund der Entwicklung und den kürzer werdenden Tracks beginnt das Gefüge sich hier allerdings auch ausschnitthafter, skizzenartiger und fragmentarischer anzufühlen, funktioniert innerhalb des Kontextes am stimmigsten.
Meditation VII schimmert zweckoptimistisch, die Schraffur lässt schockierte Klarheit zu. Meditation VIII ist eine somnambule Epiphanie als Trugbild, das zur sedativen Realitätsflucht führt. Part IX pflegt eine narkotisierte Aufbruchstimmung, lässt Nervosität hinter einem Schleier aufkommen und fällt mit einer eindringlicheren Dynamik beinahe aus dem Fluss, auch weil Meditation X den Kreis ein bisschen zum Begin schließt, gleichzeitig nach vorne blickend und sich auch in einen Kokon zurückziehend.
Weswegen es auch kein Spektakel, keine Aufregung und nur gelegentlich aufblitzende unverkennbare Handschriftszüge im Gefüge von Meditations braucht, um die unaufdringliche Wirkungsweise dieses subtilen Begleiters genießen zu können – und dem weiteren Verlauf von Convocations über die nun wöchentlich folgenden Teile Lamentations, Revelations, Celebrations, und Incantations wohlwollend entgegenzublicken.
Kommentieren