Stöner, Slomosa [20.05.2022: PPC, Graz]
Die einen (aus dem kalten Norwegen) haben ihren Weg noch vor sich, die anderen als Szene-Legenden (aus der schwitzigen Mojave-Wüste) zahlreiche Klassiker im Rücken: Slomosa und Stöner eint bei ihrem Generationentreff im PPC aber die Sache – bedingungsloser Stoner Rock.
Um es gleich vorwegzunehmen: Mag an dieser Stelle noch so sehr über Stoners Rule und Totally… herumgemotschgert worden sein – Live ist es einfach eine ganz andere Liga, in der Stöner agieren.
Wo die Platten des Trios sich schließlich (zugegebenermaßen auch aufgrund der hohen Erwartungshaltung angesichts der versammelten Reputation) oft mit generisch zum Klischee tendierenden Standards begnügen, funktioniert das Material auf der Bühne inspiriert und pointiert. Denn soviel Spielwitz, Energie und enorm charismatische Prägnanz Gut, Oliveri und Bjork da auf der Bühne freisetzen, ist einfach mitreißend und ansteckend, die Substanz verstärkend. Da wirken die Songs plötzlich (und endlich!) zwingend auf den Punkt gebracht und trotzdem mit mehr Freiheiten ausgestattet; packender und einfach um ein vielfaches unterhaltsamer und spaßiger. „Isn’t fun the best thing to have?!“ grinst Björk auch irgendwann zufrieden in das bestenfalls sehr okay gefüllte, aber dennoch Stimmung aufkommen lassende PPC.
Der Spaß zu Ende ist nach diesem Abend derweil für Slomosa: Das Quartett aus Bergen muß direkt nach der Show nach Hause abreisen, hinterlässt davor aber (ungeachtet einer erstaunlich willkürliche Lichtshow, die wie eine Tech-Demo der PPC-Anlage nervt) noch ordentlich Eindruck.
Ohne das Genre-Rad neu zu erfinden, besonders viel Varianz zu bieten (wobei die poppunkiger angehauchten Nummern doch markant aufzeigen) und auch gerade stimmlich ein wenig zu uncharakteristisch bleibend (wiewohl Benjamin Berdous optisch der geheime Sohn von Ben Stiller und Jason Biggs sein könnte – das nur am Rande), ist der Stoner-Aufguss der Truppe einfach effektiv und kurzweilig. Dass man der stark verinnerlichten Rezeptur von Slomosa tatsächlich über wie im Flug vergehende 50 Minuten ohne jede Ermüdungserscheinung folgt, überrascht angenehm, während man all die versierten Basslinien und potenten Gitarrenfiguren (bei zahlreichen neuen Nummern und einer Handvoll vom selbstbetitelten Debüt) mehr als nur wohlwollend goutiert (einstweilen die Band selbst sich über die textsicher angerückte, enthusiastische Fan-Brigade in der ersten Reihe freut). Der Anspruch, den man an das Genre im Jahr 2022 stellt, wird jedenfalls schonb hier einer positiven Realitätskorrektur unterzogen.
Die Zukunft sieht jedoch vor allem für Stöner vielversprechend aus. Was weniger am mit absoluter Begeisterung aufgenommenen Kyuss-Zugabenblock liegt, der Gardenia und Green Machine nahe an den Originalen auslegt, sich die Songs aber dennoch an die Trio-Besetzung angepasst zu eigen macht, sondern zum einen an den beiden neuen Songs des bereits in den Startlöchern stehenden Drittwerks: In No Brainer werfen Nick Oliveri und Bjork sich die Vocals im stoischen Groove sehr schmissig zu und hintennach, während sich das offenbar noch unbetitelte zweite bisher unbekannte Stück in seiner catchy Schmissigkeit samt Hardcore-Signatur ohnedies gleich wie ein vertrauter Hit anfixt.
Zum anderen ist da mehr noch aber das grundlegende Gefühl, dass der Kombo mittlerweile mit bock-machender Chemie einfach der Knopf aufgegangen ist. Die kraftvolle Performance im Verbund mit einer unaufgeregten Energie holt die abwechslungsreichen Schraffuren des Bandsounds stärker hervor, egal ob es um Funk (Stand Down), Impro-Ausflug (Rad Stays Rad), Punk (Evil Never Dies) Blues (Own Yer Blues – bei dem sich die gewachsene Synergie von Bjork, Oliveri und Gut besonders spitze destilliert) oder psychedelischer Heavy Psych (der krönende Jam Tribe/Fly Girl entwickelt einen hypnotischen Sog) geht.
Zwischen einem ordentlich bretternden Motörhead-Cover (R.A.M.O.N.E.S) und einer Sid Vicious-Widmung (Nothin‘) sowie dem kompletten Debütalbum kommt zwar das Material der aktuellen Scheibe Totally… mit nur drei Vertretern in der herrlich dynamischen beinahe zu kurz – der einzige wirkliche kleine Schönheitsfehler des Abends ist aber die Tatsache, dass das Merch zumindest plattentechnisch auf Tour doch merklich teurer ausgefallen ist, als im Online-Vertrieb des Labels.
Denn nach etwas über 60 Minuten, die sich subjektiv irgendwo zwischen Rehabilitations-Schaulaufen und Machtdemonstration bewegen, will man Stoners Rule, Live in the Mojave Desert und Totally… dann eben (trotz aller Kritikpunkte) nun doch im Regal stehen haben. Eben um die Erkenntnis reicher, dass man diese Band einfach live erleben muss, um sie wirklich schätzen zu können.
Setlist Slomosa:
AFGH
Cabin
Rice
Estonia
Traktor
In My Mind’s Desert
Scavangers
There Is Nothing New Under the Sun
Kevin
Horses
Setlist Stöner:
Rad Stays Rad
The Older Kids
Evel Never Dies
A Million Beers
Stand Down
Own Yer Blues
No Brainer
Nothin‘
Party March
?
Strawberry Creek (Dirty Feet)
R.A.M.O.N.E.S.
Tribe/Fly GirlEncore:
Gardenia
Green Machine
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