Stephen Malkmus – Traditional Techniques
Nach dem bestenfalls teilgelungenen Elektro-Ausfall Groove Denies im vergangenen Jahr behält Stephen Malkmus seine hohe Veröffentlichungsrate bei, findet mit Traditional Techniques über die Kursänderung zum psychedelischen 70s-Folk aber wieder in die Spur zurück.
Der ehemalige und aktuell ja auch Immer-mal-Wieder–Pavement-Frontmann gönnt sich auf seinem nominell dritten Soloalbum dafür nicht nur den Zusatz von Initialen am Albumcover, sondern neben Decemberists-Mann Chris Funk am Produzentenstuhl auch Gäste wie Matt Sweeney, Session-Meister wie Spooner Oldham, Blake Mills, Qais Essar oder Eric Zang. Sie bringen neben Lap-Steel-Variationen oder Panflöten auch ein exotischeres Instrumentarium mit: Bouzouki, Rubab, daf, kaval oder udu hat der handelsübliche Indie-Kunde nicht am Zettel. Diese Ingredienzien verleihen dem westlichen Songwriting von Traditional Techniques jedoch immer wieder ein globales angehauchtes Flair.
ACC Kirtan gönnt sich etwas ein orientalisches Intro, dann träumen Tablas unter dem entspannten zwölfsaitigen Gitarrengeplänkel von asiatischen und persischen Bläsern. Der unaufgeregten Melodieführungen und Performance von Malkmus kommt diese mystische Entschleunigung freilich entgegen, selbst wenn Joy Pearson als Vintage-Hintergrundstimme einsteigt und der Song zum Appalachian Folk angebend in die Höhe steigt, dann ab der Hälfte allerdings auf bestmögliche Art dösend der Zeitlosigkeit entgegenplätschert und eine ebenso beatleske wie Beck’sche Psychedelik mit ätherischen Texturen andeutet.
Shadowbanned wird dagegen von einer Sitar neben die Spur gebracht, jauchzt beinahe hibbelig rumpelnd und erinnert an Schamanen wie Goat, bevor das wundervolle What Kind of Person mit einer besonders sehnsüchtigen Flöte im heimlich, still und leise ausgebreiteten Drama so behutsame wie introvertierte Akzente setzt.
Und sicher kann Traditional Techniques in seiner relaxten Gelassenheit und einem fast gemütlichen Hang zum Unspektakulären als zwanglos, nonchalant und ein bisschen zu entspannt interpretiert werden – weil Malkmus eben niemals ein wirkliches Interesse an griffigen Hits hat. Trotzdem setzen sich praktisch alle Songs doch irgendwann als wachsende Ohrwürmer in den Gehörgängen fest, weil der 53 Jährige mit einer gewissen Freiheit jenseits der Erwartungshaltung (lässt sich der Wert von Groove Denied etwa erst jetzt wirklich abschätzen?) hier sein mitunter bestes Songwriting seit wohl 2011 auffährt, mit subversiver Klasse aufzeigt.
Xian Man ist alleine stimmungstechnisch mit seiner markant knödelnden Gitarre grandios, besticht mit Southern Roadhouse, Country und Blues-Feeling über der Signatur von Malkmus, die sich Richtung Arbouretum verschiebt und letztendlich gar triumphal gniedelnd durch die Prärie zieht. The Greatest Own in Legal History ist eine intime, zärtliche Einkehr. Erst begleiten nur ein paar Schellen die warme Gitarre, der niedlich umarmende Rhythmus zaubert ein wohliges Lächeln ins Gesicht, während das dösende Mäandern auf alles Forcierte verzichtet. Als relaxt auf einer stillen Oberfläche entlang schippernder Träumer greift Cash Up auch zum Banjo und Flowin‘ Robes hat im schlapfenden Rhythmus und den klar gezupften Saiten eine hinterrücks entwaffnende Hook. Nicht nur Signal Western zelebriert dieses Sonnenaufgangs-Flair, dieses erhebende Aufwachen in seiner Ausstrahlung. Anstatt richtig zu Erblühen den Aufbruch zu lösen, entscheidet Malkmus sich jedoch für liebenswürdig lauernde Dad Jokes – es ist auch dieser Hang zur lyrisch skurrilen Schläue und dem geistreich angedeuteten absurden, der Traditional Techniques trotz aller dezent eingeschobenen soundtechnisch neuer (…) Nuancen zu einer per se klassischen Malkmus-Platte macht.
Mit Stücken wie dem sentimentalen Kleinod Amberjack oder dem friedvollen Eskapismus Brainwashed wird der Geist von Pavement jedenfalls in eine schunkelnde Eleganz übersetzt, die Veranda-Kontemplation ausbaut, um die Reunion-Bandbreite in eine ausgewogene Balance zu bekommen. Spannend geht vielleicht anders, zeitlos aber wohl genau so.
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