Spectral Voice – Sparagmos

von am 28. Februar 2024 in Album

Spectral Voice – Sparagmos

Die sieben Jahre seit ihrem bockstarken Debütalbum Eroded Corridors of Unbeing haben Spectral Voice mit zahlreichen rundum überzeugenden Split-EPs verbracht. Für ihr zweites Studioalbum Sparagmos schalten die ranzigen Death Doomer aber nochmal einen Gang hoch.

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Hype um die Rückkehr der Blood Incantation-Splittergruppe (als Erinnerung: zur aus Morris Kolontyrsky, Paul Riedl und Jeff Barrett am Bass bestehenden Saitenfraktion gesellt sich Drummer und Vocalist E. Wendler) erscheint vielleicht ein wenig übertrieben und muß nicht zwangsläufig geteilt werden – zumindest nachvollziehbar bleibt er allerdings zu jedem Zeitpunkt.
Dafür sorgt alleine das eigentliche Trumpf-Ass der Platte, das jenseits seines beweglichen, mit dynamischer Ausgewogenheit immer wieder mit guten Ideen für Auftrittsfläche sorgenden Songwritings in seinen Bann schlägt: Die ritualistische Atmosphäre von Sparagmos ist, dem Titel durchaus Folge leistend, enorm dicht und fesselnd, auf kalte und mitleidlose Weise regelrecht nihilistisch intensiv; grausam eine zeremonielle Finsternis beschwörend, deren hypnotische Trance sich wie ein Wühlen in den glitschigen Eingeweiden feuchter, felliger Kadaver anfühlt und dafür etwa die Details einzelner Instrumente (die grundlegende Vielseitigkeit des Schlagzeugs, die Raffinesse der versiert ihre Klasse abrufenden, aber keine ikonischen Momente erzeugenden Riffs) bereitwillig (und durchaus polarisierend) auf dem Altar des verschlingenden Mix‘ opfert.

Wie unheilvoll und düster am doomigen Ambient geschult die Band aus Denver Be Cadaver eröffnet, um mit dem Volumen der Drums und einem anachronistisch entrückten Sound eine gespenstische Stimmung entlang der pendelnden Gitarren aufzuziehen, ist jedenfalls mit primitivem Instinkt grandios. Der Opener schleppt sich dort exemplarisch kasteiend dahin, röchelt keifend beschwörend in die dichte Aura, als tektonischer, dämonischer, eindringlicher Mahlstrom, kloppt nach sieben Minuten energisch die Handbremse lösend mit mächtiger Bösartigkeit los und findet im Finale eine klerikal schimmernde Pastoralität, die an Bell Witch denken lässt. Schönheit? Erlösung? Eher eine Schattierung des Martyriums.

Red Feasts Condensed Into One schleudert einen hasserfüllten Geschwindigkeitsrausch auf diffuse, fast psychedelische Schleier und labt sich am Wechselspiel aus Raserei und stoischer, schleppender Heaviness in dickflüssiger Klaustrophobie. Als deutlich kürzester Song des Albums agiert Sinew Censer simpler, leitet über ein zugängliches Motiv in seinen direkten Strom, dessen Stillstand einer zähen Hölle aus Albträumen keineswegs überraschend kommt: der MO der Band ist etabliert, während die Vocals schreien, fauchen, greinen, flüstern, kreischen, growlen und brüllen, doch wie sich die zweite Hälfte des Songs mit nackter Angst unter die Haut schraubt, um in einem infernalen Klimax zu eskalieren, ist das eben auch so klasse, wie das nur wenige Szene-Kollegen derart homogen, geschlossen und als Ganzes funktionierend hinbekommen.
Wenn Death’s Knell Rings in Eternity als siechender Moder aus Tarantelstich, Urgewalt und gotischem Horror seine morbide Abstraktion exerziert, ein majestätisches Riff wie eine somnambulen Nebel-Pest inhaliert und dabei die Tempo-Extreme geißelnd auskostet, bringt das genau genommen keine neuen Erkenntnisse mehr an den okkulten Gaben-Tisch, doch schwingt sich (das nichts falsch machende) Sparagmos in seiner hässlich schaulaufenden Gesamtheit spätestens hier zur veritablen Lehrstunde für Genre-Konkurrenten auf. Was dann eben nicht unmittelbar in die allüberall tönenden „Meisterwerk„-Rufe einstimmen lassen muß – doch dass man es hier wohl relativ sicher nichtsdestotrotz mit der heurigen Szene-Messlatte des Death Doom zu tun haben dürfte, ist jedochauch mit etwas weniger Euphorie eine Prognose ohne Risiko.

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