Soul Glo – Songs to Yeet At The Sun
Eine Band steht hier ein Jahr nach ihrem dritten Studioalbum vor dem Durchbruch in die erste Liga: Jeremy Bolm hyped nicht ohne Grund seit Monaten auf das Soul Glo-Kurzformat Songs to Yeet at the Sun hin.
Das macht er wohl weniger aus marktwirtschaftlichem Kalkük, auch wenn er das Quartett aus Philadelphia mittlerweile aus dem Vorprogramm von Touché Amoré auf sein Label Secret Voice geholt hat und der Band im eventuell idealen Jahrgang dafür eine breitere Aufmerksamkeitsbasis bietet. Sondern, weil er seinen Enthusiasmus als Fan durchaus nachvollziehbar kaum zügeln kann, wenn die hier rasant aufgefahrenen 12 Minuten über den Hardcore Punk, Screamo und Powerviolence hinaus randalierend nicht nur unterstreichen, warum Soul Glo (mit Prinz aus Zamunda-Referenz und Have Heart-Assoziation) zu den heißesten Eisen der Szene zählen, sondern Songs to Yeet at the Sun auch einen neuen Zenit im Schaffen der Kombo markieren.
Was so an dich keine Überraschung darstellen sollte, immerhin war ein Gutteil des Materials der EP bereits auf Live @ WKDU vertreten, obgleich die Songs nun durch eine grandios organische und direkte Produktion noch präziser artikuliert wirken, einen prägnanteren Durchschlag bekommen und die Schlagqualität intensivieren.
(Quietly) Do the Right Thing stürzt sich mit spitzen Schrei in einen Tumult, brüllt mit greinender Miene zum quäkenden Erbe der Bad Brains, revidiert seine Geschwindigkeiten immer wieder und findet statt einem gleich mehrere eilige Druckventile in einem himmelstürmend unberechenbaren, geradezu chaotischen Songwriting. 29 (das Nummerieren der Tracks bleibt ein beliebtes Stilmittel, wenngleich weniger chronologisch operierend als etwa die Roots) lässt dem dringlichen Riff mehr Zeit, nur um sich hinten raus mit einem kaputten Stooges-Piano zum wahnwitzigen Wirbelsturm mit einem Bein in der klimpernden Kakophonie und einem im Exzess zu steigern, was das dramatisch zum Grind eskalierende Mathed Up später sogar noch radikal steigert und Konsorten wie Trash Talk kurzerhand abhängt.
Dazu zaubern Soul Glo im überragenden Finale von Songs to Yeet at the Sun auch noch das brillante I’m on Probation aus der Pipeline, das ebenso atemlos am hirnwütigen Death wie am Zeitlupen-Noise (mit kaputter Riff-Nähe zu Paranoid) vorbeischrammt und die Tugenden der Band rund um die sozialkritischen (natürlich auch um die eigene geradezu exotische in einer von weißen Musikern dominierten Szene drehenden) Texte destilliert.
Was den zweiten neuen Song allerdings auch ambivalenter wirken lässt: 2K ist als Herzstück der Platte ein Ausflug mit Gast Archangel in den Hip Hop, eine subkutan elektronifizierte Collage abseits der Trap-Clubs. Was so schon eine gute Idee ist, und durch die versiffte Death Grips-Industrial-Attitüde auch stilistisch nicht unstimmig in das Hardcore-Geschehen platzt, für unerwartete Impulse sorgt- doch ist die Ausführung der (mit beinahe vier Minuten Spielzeit auch leider mit Abstand längsten) Nummer an sich nicht die spektakulärste. Der Beat wäre in einem anderen Kontext schneller als wenig inspiriert entlarvt, dazu ist der ständige Kontrast aus grimmigen Pumpen und Interlude-artigen eingestreuten Gesprächen, die alles Tempo rausnehmen, auch ein ermüdendes Stocken des Spielflusses und der Dynamik. Weswegen Songs to Yeet at the Sun also keineswegs makellos ist – den Hype (und eine Aufwertung zwischen den Punkten) aber dann doch über weite Strecken mit hyperventilierendem Eklektizismus rechtfertigt.
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