Slovenly Hooks – Make or Mar

von am 9. Dezember 2024 in Album

Slovenly Hooks – Make or Mar

Man sollte es nicht weniger melodramatisch formulieren, als dass die Stimme von Craig B zu jenen Dingen gehört, die Leben retten kann. Insofern ist die Freude darüber, dass er sie nun auf Make or Mar auch seinem einstigen Instrumental-Projekt Slovenly Hooks leiht, praktisch unendlich.

Es dauert rund acht Minuten, bis der Schotte diese – seit Aereogramme, über The Unwinding Hours und A Mote of Dust – in den Arm nehmende (und schon lange nicht mehr mit dazugehörigem Gebrüll malmende) Stimme tatsächlich wiederfindet. Also den ganzen Verlauf des Openers A Why to Live for, der seinen ätherischen Gesang als Klangtextur über die heimliche Hintertür in dem hoffnungsvoll maritim schimmernden Ambient-Drone auftauchen lässt, den Craig B von Loscil oder William Basinski inspiriert sieht: „I still use electronic instruments and incorporate audio samples from my daily life but the main change to this album is the addition of lyrics. They feel more like songs this time around rather than the first album.
Noch eine kleine Änderung, die Craig seit Slovenly Hooks zugelassen hat: „I made a decision on the first album to avoid guitars and drums and have stuck to these rules although some subtle percussion was used on Purify„. Dort klingt sein Projekt nun wie eine sanfte, vorsichtige Annäherung an Synth Pop-Möglichkeiten – wenngleich niemals eine solch charttaugliche Konsequenz suchend, wie es sein alter Kumpel Ian Cook mit Chvrches praktiziert. „Any other beats or rhythm were created by synths and pulses in the track.

Nach seiner bedächtig „I Need More“ fordernden Eröffnung fühlt sich Absolver wie ein sanft pulsierendes Treiben durch einen astralen Geburtskanal an, meditativ auf einen elektronischen Minimalismus aus Loops und Modulationen reduziert, geduldig ohne Ende: „I was yours until the light went out/ and so I’m here alone/ …/ I am nothing yet i’m all at once/ Maybe the time to let it show/ There was anger waiting to come out, and yet/ No one should know/ It’s a sight of wonder and of hope/ From place to place and somewhere close/ But I’m staying open to the sound/ A storm to fill your home“. Leise Poesie, bis zum Stillstand entschleunigt, in der filigranen Leere stauend.
Daraus entsteht The Dead Zone wie eine in der Erinnerung verschwommene Klavier-Ballade, deren Piano in An Ending nachhallt. Die synthetischen Loop-Amplituden klingen gleichzeitig wie ein Alarm und das Wiegenlied eines subtilen SciFi-Horrors, der im Suspense heimelig einlullt – „an attempt to make heavy music without distorted guitars. I’ve always been interested in trying to do this. I didn’t want to repeat the same trick l’ve used so often, of stepping on a distortion pedal.“ Von Wood ist Craig B mit Make or Mar tatsächlich aber nahezu ebenso weit entfernt, wie von Barriers.

Der instrumentale Teil von Slovenly Hooks zieht sich schließlich weitestgehend so weit zurück, dass er als Textur fungiert – Songs formen primär die Gesangslinien aus konturfreien Ideen. In Insom zieht sich der instrumentale Teil erst sogar nahezu vollständig zurück, wobei die Stimme von Craig auch ohne jede agressiv brüllende Wut eine Variabilität in den Samthandschuhen zeigt (man höre alleine, wie er ausgerechnet dem „me“ eine dunkle Schattierung verleiht), bis die letzten Meter anachronistisch zu glitzern beginnen und sogar eine dramatische Andeutung hofieren.
Das sanft und latent hoffnungsvoll schimmernde The Shores of Lethe schließt den Kreis dann als runde Symbiose: der Ambient-Klangboden und der sehnsüchtige Gesang liegen sich wie eine Einheit in den Armen. (Weswegen das Bandcamp-exklusive Retreat als Bonus auch nicht unbedingt essentiell ist. Zwar überzeugt die esoterische Klangtherapie wie ein angenehm naturalistisch erwachenden Morgentau, aber die „Soon enough, there she goes“-Zeile wird dann als einziger Text doch zu oft repetiert.) Dennoch behält sich Make or Mar (alleine schon als ästhetische Entscheidung) eine Distanz, die Slovenly Hooks von den restlichen Craig B-Projekten unterscheidet. Die Intimität einer unter die Haut gehenden Magie wird nicht greifbar, doch hat der Mann aus Glasgow hiermit erfolgreich den Fokus gestellt, um seinen ursprünglichen Pandemie-Zeitvertreib in den Kanon seiner großen, zeitlosen Bands aufnehmen zu können.

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