Simon Linsteadt – Pioneer
Hand aufs Herz: diese kleine Besprechung von Pioneer dient primär dazu, darauf hinzuweisen, dass Simon Linsteadt Anfang des Jahres mit Mud Season ein wirklich schönes Folk bzw. Singer-Songwriter-Kleinod veröffentlicht hat.
Die Eindrücke von knapp 13 Minuten rein instrumentaler, raumtapezierender Musik sind eben einfach schneller in Worte gefasst, als es jene über die immerhin 19 (oft sehr unscheinbaren) Songs des sechsten Studioalbums von Linsteadt wären.
Zumal der Nachtrag Pioneer bei aller Liebe dann auch doch weniger zu entdecken bereit hält, substanziell (und eigentlich sogar stilistisch) schneller erfasst ist, und als gefühlter Fingerübungs-Soundtrack eher beiläufig und nebenbei im Hintergrund plätschernd angelegt ist: die einfachen Melodien haben etwas unverbindliches, bleiben auf unspektakuläre Weise nicht wirklich hängen, funktionieren atmosphärisch einnehmend jedoch schon für melancholisch sinnierende Nachmittage.
Das gilt vor allem für Lisa’s House und (das mit ein bisschen Bass noch zusätzliches 80er-Feeling addierende) Lungs, in denen ein E-Piano die nachdenkliche Hauptrolle durch subtile Ambient-Texturen schwelgend übernimmt, um eine ätherische Nostalgie zu erzeugen: die Ästhetik dominiert das auf sehr minimalistischen (und streng genommen wenig originellen) Motiven gebaute Songwriting. In der stilistischen Einheitlichkeit wirkt dies soweit dennoch stimmig, auf geradezu meditative Weise anziehend sogar – zugegebenermaßen stets mehr versprechend, als Linsteads in diesem kompakten Rahmen einlösen kann. Man würde diese Welt gerne ausführlicher erkunden.
Die Kohärenz ist trotz eines im Verlauf aufgefächerten Spektrums allerdings gegeben. Im Titelstück klimpert das Keyboard gar zwischen Doogie Howser und einem Ethno-New Age, mäandert zuerst und ist dann abrupt aus. Skizzenhaft ist die EP sowieso – hier aber dann ganz generell zu ziellos und fragmentarisch. Pure zupft die Gitarre in einer friedlich fließenden Synth-Wolke der zutiefst angenehmenen Abwärtsspirale, bevor Kenosis als rasselnd klackernde Indietronic-Meditation ob seiner trappigen HiHat unnötig aus dem Rahmen fällt.
Trotzdem: in der richtigen Stimmung überzeugt Pioneer als netter Appendix, als erster Gehversuch in eine neue Richtung, der im Kern abholt, aber noch nicht zur Epiphanie findet. Ungeachtet dessen sollte ein wohlwollendes Aufwerten zwischen den Punkten dennoch niemandem wehtun. Und sei es insgeheim auch nur, um noch einmal auf das Hauptwerk Mud Seasons hinzuweisen.
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