Shura – Forevher
Forevher verlangt mehr Eingewöhnungszeit als das starke Debüt Nothing’s Real und hat sicher auch die stärkere Konkurrenz im zeitnahen Bewertungsraum. Nichtsdestotrotz ist Shura zumindest eine Plattenhälfte drauf und dran, dem Pop ein zeitloses Geschenk zu unterbreiten.
Das kontemplativ in Wellen dösende, beinahe tiefenentspannt flanierende BKLYNLDN war eine durchaus geschickt gewählte Single von Forevher: Mit ihrem flächigeren, in die 80er fliesenden Synthiesound, den unaufdringlichen Melodien aus schimmernden Keyboardtasten und konturlosen Gitarren (und ausnahmsweise sogar verschwimmenden Bläser-Ahnungen), der leise sehnsüchtigen Nostalgie und einer fast subversiven Eingängigkeit, vor allem der stärker unterstrichenen R&B-Sozialisierung im reduzierteren Tempo und sogar dem munter zum Dancefloor aufmachenden Twist am Ende, ist das Stück durchaus symptomatisch für die ästhetische Entwicklung, die das nach Nothing’s Real (2016) gefühltermaßen lange hinausgezögerte zweite Shura-Album hingelegt hat. Da ist nun eine leichte Unschärfe in der Produktion, in der Körperlichkeit der Rhythmen; warm, schwärmend und weich, zurückhaltender und zart.
Aber auch die weniger direkt ausgelegte, vielleicht sogar auf den ersten Blick unscheinbarere Form des Songwritings wurde so ein wenig vorweggenommen: Forevher fängt erst eher über seine Stimmung, die Vibes und die allgemeine Atmosphäre ein, bevor der Blick auf die Einzelszenen fokussieren kann und Aleksandra Lilah Denton ihr neu gefundenes persönliches Glück ausleben kann. Lässt man sich darauf ein, sind da nach einigen Durchgängen gleich eine Handvoll an ätherisch nachhallenden Ohrwürmern, über die Forevher die zugrunde liegende Tinder-Romantik auswirken lässt.
Nach dem angenehm flüchtigen Intro that’s me, just a sweet melody heißen in side effects ein Piano und eine subtil mit autotune gebügelte Stimme den smoothen Synthpop mit entspannten Vibes und ohne jede Kraftaufwendung entwaffnend willkommen. Die Gitarren dängeln wie eine verschwommene Erinnerung im Hintergrund, selbst wenn sie nach einer trappigen Bridge noch das Solo markieren. religion (u can lay your hands on me), die zweite der beiden vorausgeschickten Grower-Singles, klingt mit ihrem latenten Funk wie ein angenehmer Fiebertraum, den Janelle Monaé von Kylie Minogues Slow hat, während the stage. beinahe vor Liebe und Zuneigung in flanierender Zärtlichkeit zerfließt, dabei aber nicht Auf einen hügtbewegenden Rhythmus vergisst. Das hinten raus kristallin flimmernde Mäandern hat sich Shura zwar irgendwo abgeschaut, doch ob von Foxygen, MGMT oder irgendjemand anderem, spielt im Grunde keine Rolle.
Die 28 Jährige hat die catchy Hitdichte im direkten Vergleich zu ihrem Debüt zu diesem Zeitpunkt sogar noch einmal gesteigert, transportiert einen nonchalanten Suchtfaktor, dem man sich kaum entziehen will.
Schade nur, dass Forevher diese Qualität nicht über den gesamten Verlauf halten kann. Nur das stacksend-träumende, regiliogionsfixierte Wechselspiel flyin‘ sticht hiernach aus einer zwar einnehmenden, aber beiläufiger werdenden Melange hervor, was nach der überragenden ersten Hälfte einen kaum euphorisierenden Beigeschmack hinterlässt, der vielleicht keine Frustration kennt, aber doch selten mehr als nebensächliches Wohlwollen erzeugt.
Gleich tommy nimmt als Herzstück mit seinem minutenlangen Interlude zu Beginn der Mitte die Spannung aus dem Albumfluß heraus, bevor eine Phil Collins-taugliche Softrock-Ballade angetäuscht wird, die auch Bon Iver gefallen hätte, dann aber doch eher als unverbindliche Bat for Lashes-Ausschussware mit verführerischer, aber dünner Hook anmutet. princess leia plätschert im popkulturellen Kaleidoskop ohne jedes packende Momentum und forever versucht sich über einen durchschaubar simplen Refrain festzukrallen, bleibt aber plätschernde Egalität, wo auch das viel zu lange control die PS seines Chorus nicht auf den Boden bringt.
In dieser Phase kommt man nicht umher zu spekulieren, ob Shura sich vielleicht nach einer beeindrucken wollenden Kennenlernphase quasi zu sehr im gefälligen Einklang mit sich selbst und der neu gefundenen Liebe vertändelt. Für tatsächlichen Herzschmerz sorgt dies allerdings nicht, Forevher funktioniert als ästhetischer Soundtrack für sonnige Tage selbst in dieser Formschwäche sympathisch und elegant. Gerade, wenn Shura mit skyline, be mine alle Zügel lockert und sich in ihrer eigenen kleinen Moon Safari verliert und damit die ungezwungene Lockerheit spiegelt, mit der sie selbst ein Happy End gefunden hat
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