Serpent Column – Tassel of Ares
Das kam selbst für James Hamzey-Verhältnisse aus dem Nichts: Der Amerikaner hat durch Tassel of Ares sein eigentlich 2021 mit Katartisis beerdigtes Alias Serpent Column wiederauferstehen lassen.
„An ode to struggle against time, occupying armies, weather, physical limitations, malevolent influences, and social currents“ und „Returning to longer, guitar and riff focused material. Fans of early work, analog-sounding material, and certain FromSoft games may enjoy this the most“ fasst Hamzey die inhaltlichen und ästhetischen Motive des vorerst nur digital veröffentlichten Comebacks zusammen, während er die Hintergründe der überraschenden Rückkehr einfach als gegeben annimmt: „It should be more clear by now that I am trying to keep material that is more hardcore-influenced, dry-sounding, and personal in theme under Theophonos, as opposed to Serpent Column – which is more guitar/riff-focused and conceptually abstract.“
Geschrieben und im Alleingang von Hamzy zwischen April und October 2024 (mit Vocal-Zugaben von H.V. Lyngdal und technischer Unterstützung von seiner bisherigen Schlagzeugerin Maya Chun) aufgenommen, unterscheidet sich Tassel of Ares jedoch nicht nur von dern seit Kartitisis veröffentlichen beiden Theophonos-Alben Nightmare Visions und Ashes in the Huron River, sondern öffnet auch ein neues Kapitel für Serpent Column.
Das beginnt beim Sound, der nun dünner als bisher scheint, und die Instrumente so noch dreckiger und versiffter in einen miteinander verschwimmenden Malstrom mutieren lässt – was eingangs noch irritierend klingen kann, seine DIY-Hässlichkeit aber immer mehr als Charakterstärke übersetzt.
Mehr noch – und fast konträr dazu – aber hat das Songwriting von Hamzey für Serpent Column sich neuen Einflüssen geöffnet: Tassel of Ares könnte gut und gerne (aber bitte Relativ zu verstehen!) als das Iron Maiden-Album des Dissonant Black Math-Metal-Alchimisten durchgehen.
Im rohen, garstig keifenden Harmoniehass von Reclaiming Decades Erased gniedeln die Riffs heulend über vertrackte Rhythmen, malen geradezu heroisch und zeigen einen Willen zur Hymnik, den man so von Serpent Column noch nicht gehört hat. Unto Works and Days übernimmt dort wie ein kontemplativer Jam, wandelt sich sinnierend als progressive Reise am Rande des Ambient-Postrock, trägt im Herzen jedoch eine dämonische Eskalation infernal hetzend, wo hinten raus im Wechsel aus Versöhnlichkeit und tackerndem Ballern das Ruder unberechenbar herumgerissen wird.
Am deutlichsten wird die Evolution, die Serpent Column in der Zeit der Abwesenheit durchlaufen hat, aber im knapp 18 minütigen The Long War of Essential Struggle, das radikal fetzt und sich dennoch so weit in den klassischen Heavy Metal auf einem psychotischen Speed-Cocktail lehnt, wie das die epischen Soli-Ansätze im angestammten Habitat des Projektes zulassen. Dass Hamzey dem lange instrumental gehaltenen Stück irgendwann das Fell über die Ohren zieht und tollwütiges Adrenalin injiziert, ist da nur schlüssig – rund um die Zehnminutenmarke schraubt sich The Long War of Essential Struggle so in eine Art dramatische Math-Trance, die destruktiv in den Himmel emporsteigt.
Das 165 Sekunden kurze In Death I Will Remember the Color of Her Irises ist danach die als zurückgenommen klampfende Repetition eines simplen Motivs der Epilog, der als Statement in Richtung Desertification funktioniert: die Perspektiven haben sich für Serpent Column am Anfang einer neuen Ära geändert – noch nicht jedes neue Element steht in Balance, nicht jede hinzugekommene Facette artikuliert sich in effektiver Konsequenz -, doch die Ziele sind dabei weitestgehend dieselben geblieben, während das nie erschöpfte Potential neue Fronten entdeckt hat.
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