Selena Gomez and Benny Blanco – I Said I Love You First

Pop-Kultur-Allrounderin Selena Gomez und Hit-Produzent Benny Blanco geben ein wirklich nettes Paar ab. Die unentschlossene Hybrid-Kooperation I Said I Love You First hätte es deswegen aber nicht unbedingt gebraucht.
Gerade in seiner Eröffnung verlangt einem das Album nach seinem klischeehaften Intro (das die Tragik des Rampenlichts beklagt) und vor dem redundanten Interlude Do You Wanna Be Perfect (als Mutmacher, zur Imperfekten Version seinen selbst zu stehen – was auch immer das sein mag) sogar eine ziemliche Schmerzresistenz ab: die an sich gefühlvoll am Klavier intonierte, mit Synth-Patina ausgeschmückte Lana-Kopie von Younger and Hotter Than Me sowie (das absurderweise auch als bessere Version verfügbare) Synth-Pop-Jogging Call Me When You Break Up haben so dermaßen katastrophal brachiale, dilettantisch bemühte Texte in Sachen pseudotiefgründiger Beziehungsarbeit, dass man selbst dann fremdbeschämt abdrehen muss, wenn man Gomez‘ melancholisches Timbre grundsätzlich sehr gerne mag.
Dagegen ist es fast schon eine versöhnliche Leistung, wie etwa Don’t Wanna Cry so unendlich beliebig und harmlos auf der Sommer-Playlist, die niemandem weh tut, eine banale Urlaubs-Stimmung entfalten will, und Sunset Blvd eben dort als gute Laune-Party gemeint so dünn und uninspiriert den gefühlt immer selben Beat der Platte in diesem Modus besonders simpel und langweilig anlegt.
Wie für Bluest Flame Streicher in den pumpenden Club zum Dance-Remix führen, funktioniert als Brat-Nachhall zumindest sehr effektiv, auch der Tembo-Tanz I Can’t Get Enough ist eine schlüssige Gewichtsverlagerung. Nur sind all diese Nummern auch Beweise dafür, dass Benny Blancos Gespür für Hits im Gespann mit der tollen Stimme seiner aktuellen Lebensabschnittsgefährtin einfach so gar nicht richtig zünden will und jenseits der einleitenden Abgründe wie ein Schaulaufen der mediokren Resteverwertung anmutet.
In einer seltsam unentschlossenen, zerfahrenen Ausrichtung ist I Said I Love You First entlang seiner generischen Ideen und oberflächlichen Harmlosigkeit, die den beiden Stars im vorgeblichen Rückzugspunkt der privaten, intimen Romantik keinerlei gegenseitige Reibung abverlangt, und deswegen uninteressant-reizlos bleibt, aber ein relativ solides, austauschbares Pop-Album geworden, das namhafte Gäste wie Charlie XCX oder Finneas in gefühlt unfertigen Schablonen verschwendet.
Die Acoustic-Miniatur How Does It Feel to Be Forgotten schlurft mit flächigem Bass ebenso gefällig und blass wie der R&B von You Said You Were Sorry in Del Rey-Hoheitsgebiete, die mit Trap-Beat elegisch rasselnde Elektronik von Cowboy imitiert gelungen Billy Eilish. Selbst wenn keine Melodie oder Hook wirklich zwingend hängen bleibt – als nebensächliche Hintergrundbeschallung ohne emotional schürfende Eindringlichkeit geht das schon okay. Wirklich daneben greift das Duo abseits der einleitenden Tiefpunkte ohnedies nicht mehr, doch der ganze wahllose Verlauf ist unmittelbar wieder vergessen, weil man jede abgepauste Ausrichtung hier anderswo bereits überzeugender serviert bekommen hat. Ojos tristes ist als hypnotisches Highlight dennoch angenehm unaufgeregt, sommerlich milde und die Einkehr der schönen Miniatur Don’t Take It Personally hätte kein Autotune für ihr betörendes Flair gebraucht, bevor Scared of Loving You als ein niedlich-verträumtes Bedroom-Kleinod als fragmentarisch bleibendes Outro verführt. Weil sich da eine nette EP aus der Gesamtmasse herauschürfen lässt, kann man wohlwollend zwischen den Punkten aufrunden. Fraglich bleibt dennoch, ob es danach tatsächlich noch jemanden interessiert, welche der beiden eh nicht unsympathisch wirkenden Turteltauben das titelstiftende Zitat zu dieser unfokussierten Bagatelle von einer Pastiche-Fingerübung zu verantworten hat.
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