Scour – Gold
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Rund zehn Jahre nach ihrer Gründung hat Phil Anselmos Black Metal-Projekt Scour die Zeit für ihr Debütalbum gefunden. Dafür stemmt die Allstar-Gang mit Gold das Niveau und die Ausrichtung der drei vorausgegangenen EPs Grey, Red und Black ansatzlos.
Wenig überraschend machen Anselmo, die Gitarristen Mark Kloeppel (Misery Index, Cast The Stone) und Derek Engemann (Philip H. Anselmo and the Illegals, Cast The Stone, Ex-Cattle Decapitation), Bassist John Jarvis (Agoraphobic Nosebleed, All Will Fall, Ex-Pig Destroyer) sowie dessen Bruder Adam Adam(Misery Index, Lock Up, Pig Destroyer) praktisch nichts anders, als schon bei den Kurzformaten von 2016, 2017 und 2020.
Scour spielen aggressiven, death-affinen und grindigen Black Metal, der im kompakten Format aus allen Rohren pustet. Mit melodischem Tremolo-Adrenalin (das nicht nur in Cross eine geradezu skandinavisch schunkelnde Vikinger-Mentalität zeigt), rasenden Blastbeats und einem Anselmo in bestechend bestialischer Bestform, wie der sich da giftig brüllend und guttural keifend als vulgärer pressender Derwisch am Mikro austobt.
Selbst wenn die wirklich explizit hängen bleibenden Szenen dabei überschaubar und das Songwriting grundlegend an den weniger interessanten Ausläufern des Genre-Baukastens geformt wurde, sind Scour natürlich Experten genug, um den Unterhaltungswert und die Dynamik stets hoch zu halten.
Infusorium drosselt etwa erst das Tempo für ein betont episches Finale und auch Devil drangsaliert ein majestätisches Panorama. Hell schleudert seine Riffs besonders dringlich und Coin gönnt sich ein Solo von Gary Holt (Slayer, Exodus).
Gold ist ein ständiges Ringen der Geschwindigkeiten, getrieben von Peitsche und Heaviness, im Grunde stets simpel gestrickt und streng genommen wenig Entdeckungsspielraum in einer überschaubaren Variabilität samt gleichförmigen Sound lassend (wo die Vocals die markantesten Kontraste setzen). Dennoch bleibt die Spannung dabei ebenso wie die Intensität stets hoch und flacht nie wirklich ab.
Oder doch. Dreimal driftet Gold sehr wohl in den passiven Konsum ab. Nämlich dann, wenn Scour in den Interlude-Modus schalten. Im Klavier-Synth-Grusel von Ornaments, dem elektronisch angehauchten Dark Ambient von Contaminated, sowie dem creepy Suspense-Horror der Streicher-Psychose Angels. Theoretisch sind diese (beeindruckend konsequent und/oder über Gebühr ausgereizten) Einsprengsel auch zugegeben gute Ideen, weil sie für Verschnaufpausen im sonst stets atemlosen Strom sorgen und die relative Monotonie aufbrechen. Praktisch aber wäre Gold ohne diese auch etwas willkürlich und redundant eingefügten, dem Albumverlauf vor allem keine wirklich vielschichtige Mehrwert-Tiefe hinzufügenden Passagen kompakter ausgerichtet noch besser auf den Punkt kommend geraten.
So oder so ist es jedoch ziemlich fetzig, wie das Titelstück die ganze Bandbreite der Band vermisst oder Serve seine malerische Dramatik viel zu abrupt beendet, selbst wenn der übergeordnete Spannungsbogen streng genommen ohnedies nicht existent ist. Deswegen gilt: Bis die mutmaßlich überschaubare Halbwertszeit der 37 kurzweiligen Minuten tatsächlich an Reiz verliert, macht dieser verlängerte Arm der EPs selbst mit solchen Schönheitsfehler schlicht und einfach höllisch viel Spaß.
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