Satan – Songs in Crimson
Satte elf Jahre nach ihrem Comeback-Album Life Sentence finden Satan mit Songs in Crimson immer noch neue Wege, um die Alben ihres zweiten Lebens aufregend und frisch zu halten.
Mag es immer noch eine der wundersamsten Geschichten der NWOBHM sein, wie eine Band aus Newcastle upon Tyne nach zwei relativ überschaubar erfolgreichen Platten in den 80ern durch eine Reunion knapp drei Jahrzehnte später zu einem der führenden Vertretern des Genres wird, hat man sich mittlerweile – mit dem fünften Album seit der Neugründung und sechs nach dem Zenit Cruel Magic – eben doch ein bisschen an die zuverlässige Unfehlbarkeit von Satan gewöhnt.
Das Auftreten von Songs in Crimson ist insofern eine veritable Ansage, es sich nicht zu gemütlich zu machen, denn räudiger als jetzt haben Satan bisher nicht geklungen: der Sound der Platte ist roh und ungeschliffen. Gleich Frantic Zero gniedelt als Ausrufezeichen für diesen Umstand im polterndem Einstieg und fetzt dann betont ungeschliffen vor Energie, das hungrig und zügellos so knackige Turn the Tide destilliert in dieser Auslage sogar eine fast punkige Attitüde.
Ob es jeder Szene gut tut, dass diese Produktion hier und da auch eine matschige Ausstrahlung über die klare Präzision stellt, darüber kann man ebenso diskutieren, wie über das wohl polarisierende Sacramental Rites. Dort nehmen Satan aus einer balladesken Ahnung Anlauf und geben sich dann fast am poppigen Singalong jenseits der angestammten Traditional- und Speed-Metal-Exkursionen interessiert. Sich in die Komfortzone zurückzulegen ist auch in kompositorischer Hinsicht nicht das Ding der Band – und wenn am Ende ein unkonventioneller Ohrwurm steht, hat man wohl nichtsdestotrotz einiges richtig gemacht.
So ganz will sich der Eindruck also nicht dezidiert festmachen lassen, warum Songs in Crimson nicht ganz auf Augenhöhe mit dem Vorgänger Earth Infernal zu operieren scheint. Womöglich liegt es ja primär alleine daran, dass ausgerechnet der Closer Deadly Crimson eher unterwältigend geraten ist, seine PS zu mäandernd nicht auf den Punkt bringt und damit unter Wert entlässt?
Denn eigentlich stimmt hier wieder nahezu alles: Die Band ist ist absoluter Spiellaune (dafür reicht alleine schon Martyrdom als Gradmesser), die Gitarren-Fraktion ist sowieso über alle Zweifel erhaben (gerade Whore of Babylon besticht diesbezüglich) und Sänger Brian Ross kennt trotz der zeitgleich erschienen Blitzkrieg-Festspiele keine Ermüdungserscheinungen.
Dazu geben sich einmal mehr ausnahmslos tolle Songs die Klinke in die Hand.
Das solide nach vorne klopfende Era (The Day Will Come) hält zudem die Dinge mit Call and Response-Möglichkeit und simplen Melodie-Bögen interessant, das harmonische Truth Bullet setzt rhythmische Reize. Nie gleiten Satan in den Durchschnitt ab, immer hält sie die Spannung hoch. Die Heaviness ist kein Klischee, sondern vergleichsweise locker und unangestrengt hinausgeschlenzt. Da kann ein Schaulaufen wie Captives nach dem Highlight Turn the Tide dann auch ruhig ein wenig träge wirken, wenn Curse in Disguise danach Iron Maiden davongaloppiert und ebenso mühelos zwischen theatralischer Geste und grimmigen Ausdruck balanciert: Diese Songs in Crimson spielen einfach in einer eigenen Liga.
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