Samlcr – A Lonely Sinner
Samantha Rodrigues da Cruz aus Brasilien bekommt für A Lonely Sinner, das bereits vierte Album unter dem Samlrc-Banner, zumindest auf einschlägigen Internet-Plattformen viel Aufmerksamkeit.
Hinter dem fast archetypisch für einen veritablen rym-Hype ausgelegten Artwork und der dazu passenden musikalischen DIY-Ästhetik („all songs were recorded in my bedroom with a BM-800 microphone and a BMG22 interface, along with guitars, harmonica, tambourine, flute, boxes, soda cans, a violin bow and samples from songs i love“) breitet sich dabei ein Konzeptalbum „about a sheep experiencing love in it’s nature“ aus, dass inhaltlich tatsächlich, wie anderswo behauptet, seine Parallelen zu The Preacher‘s Daughter erkennen lässt, derweil A Lonely Sinner sich sonst oft wie eine (toll und so authentisch produzierte) Homerecording-
(Inklusive der unkenntlich assimilierten, aber zur Ästhetik passenden Plunderphonics-Zutaten von „Chirin Bell 1978, Swans – A Piece Of The Sky Demo, Silent Hill 2 OST – White Noize, Bjork – Family, Low – Lullaby, Natural Snow Buildings – The Source, Merzbow – Yellow Hyper Balls, Yves Tumor – Lifetime, Princess Mononoke Theme, Vitamin String Quartet – Hyperballad Bjork Cover„).
Nach dem rückwärts geloopten, die Stimmung entwirrenden Ambient-Intro Lamb Theme geht Samlrc dafür jedenfalls gleich in die Vollen: Philautia eröffnet als morgendlich-friedvoll erwachendes Geplänkel, die Gitarren plätschern folkig, doch alsbald schwillt das Szenario an, bremst sich über leisem Geblöke aus, lässt einen melancholischen, fragile-intimen (und etwas harmlos-austauschbaren, aber betörenden) Gesang aus der Zeit fallen, während elektronische Effekte phasenverschoben darüber fließen. Verträumt, unwirklich und trotzdem griffig treibt eine immer kräftiger werdende Percussion treibt den Bedroom-Sound der filigranen Nachdrücklichkeit an, die behutsame Dringlichkeit nimmt später sogar eine knarzende Noise Rock-Gitarre im Lo-Fi mit, und baut im Rahmen seiner Askese einen Cinemascope-Sog auf, der im schillernden Crescendo flimmert.
Das ist ambitionierter Eklektizismus im rund gewachsenen Songwriting – nicht revolutionär oder originell, aber die richtigen emotionalen Hebel charismatisch ansetzend und Genre-Grenzen absolut organisch überwindend. So gewichtet A Lonely Sinner eine schöne Bandbreite an Facetten, obgleich phasenweise der Eindruck eines seine Stärken noch nicht restlos effektiv auf den Punkt bringenden Quasi-Debütalbums als ungeschliffener Rohdiamant bleibt – wodurch es dann zwischen den Punkten liegend gefühlt auch nicht ganz zum Aufrunden der abschließenden Bewertung reicht.
Das leisetretendes Geklampfe Sinner stapft durch eine Schafherde zur bittersüßen Heavy-Elegie des Shoegaze in geht in seinem somnambulen Groove auf, im sehnsüchtigen Flowerfields wirkt eine an der Klaviatur sinnierende Melancholie tiefgehend. Storge als zweiter Longtrack der Platte verheddert sich erst in seinem „teach me how to be a scary wolf“-Sample, schrammelt dann gedankenverloren im Ambient, beschwört im Feedback letztendlich aber gar grandios vor allem martialische Drums und einen Drone-Metal als niedliche Version von Boris, bevor das slacker-poppige Sheep Theme straight und eingängig (aber eben auch eher, wie die meisten Stücke hier, abseits der Atmosphäre eher vergängliche Melodien nutzend) kompakt in die optimistische Aufbruchstimmung von For M. über den Horizont hinaus binmelt, fidelt und im lebendigen Folk eine orchestral stampfende Stimmung beschwörend, wo der orchestrale Abspann The Beauty dann versöhnlich und sich vor seinem Titel symptomatisch verneigend verabschiedet.
Die mancherorts herrschende Begeisterung muss sich danach zwar nicht unbedingt einstellen – nachvollziehbar ist diese angesichts der sich wohl und geborgen fühlen lassenden Ausstrahlung der Platte, einiger fantastischer Szenen und einer aus dem Nichts kommenden, beeindruckenden Qualität im berraschungseffekt allerdings durchwegs!
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